Deutsch-Ostasrika
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wir aus die gesamte Streitmacht Haxthausens. Ein scharfes Gefecht entspann sich. Die
Deutschen leisteten tapferen Widerstand, aber nach stundenlangem Kampf, der oft zum
Handgemenge ausartete, gaben sie nach und zogen sich, gedeckt durch dichtes Buschwerk,
unter dem Schutze der Dunkelheit zurück. Aufklärer brachten am nächsten Morgen die
Nachricht, daß der Feind sich aus die Südseite des Maraflusfes zurückgezogen habe.
Nach Berichten von Eingeborenen waren seine Truppen desorganisiert und demoralisiert.
Seine Offensive war vollkommen gebrochen, und wir zogen uns zurück."
Als gefallen geben die Engländer drei Offiziere und einen Unteroffizier der King's
African Rifles an und beziffern ihre Gesamtverluste an Askari auf 82 Mann.
Ein weiterer Angriff der Engländer erfolgte nach deutschen Meldungen am 29. März
1915 gegen das von den Deutschen seit dem 15. August 1914 besetzte Taveta, südöstlich des
Kilimandscharo. Sie setzten hierzweiJnder- und zweiAskarikompagnienund einige Maschinen
gewehre, die sie anscheinend zum Teil mit Lastautos von Boi aus herangeholt hatten,
zum Angriff an. Der Angriff scheiterte vollkommen. Nachdem die Feinde sich aus
250 Meter herangearbeitet hatten, wurden sie von der deutschen Besatzung Tavetas in
kurzem Gegenangriff geschlagen und zum Rückzug gezwungen. Sie verloren zehn Mann
an Toten, zwei Maschinengewehre, viel Munition, ein Auto und einen Helioapparat. Aber
auch für diese Schlappe fand der englische Bericht eine vorteilhafte Darstellung.
Das Ziel der geplanten englischen Mai-Offensive war, wie MacRollie, ein Ire,
der jahrelang in Britisch-Ostasrika lebte, aber nach zehn Kriegsmonaten wegen Deutsch
freundlichkeit ausgewiesen wurde, einem Mitarbeiter der „Kölnischen Volkszeitung" erzählte,
die für die Deutschen wichtige, strategische Usambarabahn. Man wollte zuerst Taveta
wieder nehmen, ebenso die Endstation der Bahn, Moschi. Im gesamten Usambaragebiet
sollte einheitlich gegen die Bahnlinie vormarschiert werden. Gleichzeitig plante man, den
Angriff von der See her auf Tanga zu beginnen, das diesmal unbedingt genommen
und von wo ins Innern von Deutsch-Ostafrika vorgegangen werden sollte. Zu diesem
großen Angriff standen schließlich über 70 000 Mann (Australier, Inder) zur Verfügung,
die bis Anfang Mai 1915 in der Kolonie versammelt worden waren. Davon sollten
25 000 Mann an den Operationen von der See her teilnehmen; sie lagen schon Ende
April auf über 35 Transportdampfern auf der Reede von Mombassa bereit. Die anderen
45 000 Mann waren für die Expedition im Innern bestimmt. Vorher wurden mit
großer Mühe die zerstörten Strecken der Ugandabahn hergestellt.
Die Deutschen kamen jedoch hinter die englischen Angriffspläne und zogen alle verfüg
baren Truppen im Usambaragebiet zusammen, so daß die starken englischen Erkundungs
abteilungen überall aus unvermutet heftigen Widerstand stießen. Nun beschloß man „erst"
weitere Truppenverstärkungen abzuwarten, trotzdem sich die Engländer in fünffacher
Uebermacht befanden. Aber da kam plötzlich ein Befehl aus London, der alle Pläne der
britischen Ostafrikaner über den Haufen warf. Der große allgemeine Angriff wurde zu
Wasser. Ein großer Teil der Truppen, so lautete die Order, sei schleunigst nach Mom
bassa zu bringen, um eingeschifft zu werden. Man brauchte nämlich die Truppen, wie
ich erfuhr, sehr notwendig an den — Dardanellen. Die vor Mombassa liegenden
Transportschiffe mit den 25 000 Mann dampften sofort nach Eintreffen des Befehls
nach Norden ab, nur 45 000 blieben im ganzen zurück."
Ueber die deutschen Vorstöße im Nord oft grenz gebt et, die sich in der Hauptsache
gegen die Ugandabahn sowie gegen die von dieser bei Kiu abzweigende Magadi-
bahn richteten, liegen neben einigen Reuter-Meldungen auch folgende deutsche amtliche
Nachrichten vor: „Am 20. April 1915 wurde von Streisabteilung östlich der Station
Simba an der Ugandabahn Brückenposten überrumpelt, etwa 70 m lange Brücke gesprengt
und Telegraph zerstört, Telephonapparat und einige Gewehre erbeutet, vier Inder gefangen.