Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Südlich der oberen Weichsel von der Wiedereroberung Lembergs bis zur großen Offensive 69 
gleiten jedesmal den Knall. Und im Walde halb versteckt, das Vorgelände beherrschend, 
droht der russische Graben. „Sie sind geflohen, vorwärts, ihnen nach!" In großen 
Sätzen geht es auf die Wiese hinaus. Kaum sind wir 20 Meter gelaufen, so bricht 
die Hölle los. Die Schanze drüben speit Feuer. Maschinengewehr- und Jnsanterie- 
seuer hagelt auf uns herab. Wir sind an die Stelle gebannt, auf der wir liegen. Jede 
Helmspitze, jeder Tornister, der sich bewegt, wird von dem Maschinengewehr unter 
Feuer genommen. Das sind schwere Momente, wenn man mit der Nase im Gras 
liegend, das Tack-Tack immer deutlicher hört. Sie streichen das Gelände und unsere 
Schützenlinie ab. Als wenn das Gewehr vor einem stünde, so klingt's in den Ohren, 
und im Grase macht es für ein paar Sekunden tack-tack-tack. Das sind die einschlagenden 
Geschosse, die vor, neben und hinter unserem Körper in die Erde sausen. Dann über 
kommt einen eine eisige Ruhe, man weiß, jeden Augenblick kann man den Tod erhaschen. 
„Der rechte Flügel soll im Walde vorgehen!" Leicht gesagt, aber schwer getan. Vor 
den armen Kerls, denen die Kugeln auch um die Ohren pfeifen, liegt ein breiter, 
sumpfiger Graben, Bretter — Balken! Und im Kugelregen, ein Teil feuernd, der andere 
einen Notsteg bauend, erzwingen sie den Uebergang. Und wie die Teufel sind sie im 
Walde, unbeirrt durch unsere eigenen Granaten und das Gewehrseuer der Russen. 
Unsere Artillerie glaubt uns noch in dem längst genommenen Dorf, unser rasend schnelles 
Vorgehen führt uns ins eigene Feuer, sie ist schuldlos daran. „Artillerie schießt zu 
kurz!" Zwischen Laden und Feuern brüllt es einer dem anderen zu. „200 Meter vor 
aus!" Es kommt bis hinter die Front und Ordonnanzen rasen zu den Batterien, die 
uns noch so weit zurückwähnten. Im Walde geht's trotzdem vorwärts, von Baum zu 
Baum. „Die Maschinengewehre, wir müssen sie haben!" Wie ein Blitz schlägt es in 
die Reihen der Kämpfer. Unwiderstehlich stürzen sie vor. Bis auf zwei bis drei Meter 
sind sie heran, da hebt erst die Bedienungsmannschaft die Hände. Eben wollten sie einen 
neuen Gurt einspannen. Jetzt kann auch die Mitte aus der Wiese vorgehen. Vor uns 
liegt ein Dorf auf einer Höhe. Eingebettet die Strohdächer in das satte Grün der 
Obstbäume. So anheimelnd, so traut sieht es auf einen herab. Wenn man doch dort 
schlafen könnte! Da pfeift's fcfjotr wieder um die Ohren aus der Richtung des Dorfes. 
Noch eine Todestrommel steht dort. Vor uns freie Wiese aus 700 Meter, ohne jede 
Spur von Deckung, mit Sumpf und Gräben durchzogen. Also nach links, auf der Höhe 
durch den Kornschlag vorgehen. Haben müssen wir das Dorf. Von rechts und links 
in die Enge getrieben, flieht der Gegner. 
Eine Verfolgung durch uns selbst ist ausgeschlossen, wir haben unser Möglichstes ge 
tan. Und der Wunsch, hier auszuschlafen, geht uns auch in Erfüllung. Auf frischem 
Stroh liegt bald alles unter den Bäumen im tiefsten Schlummer. Weit hinten am 
Horizont brennende Dörfer, sonst herrscht, den Schritt der Posten ausgenommen, fried 
liche Ruhe. 
Der Uebergang über den Dnjestr und die Kämpfe bis zur Besetzung 
der Zlota-Lipa-Stellung 
Vom 23. Juni bis Mitte Juli 1915 
Der Uebergang über den Dnjestr vollzog sich dieses Mal nicht so leicht wie Anfang Juni 
1915 (vgl. S. 45). Es hat tagelang erbitterte und blutige Kämpfe gekostet bis es gelang, 
auf dem linken Ufer abermals festen Fuß zu fassen. Mit neuen Verstärkungen, die in 
Eilmärschen von Stryj an den Dnjestr zwischen Zurawno und Halicz herangebracht 
worden waren, begann die Südarmee am Morgen des 23. Juni nach kräftiger Ar 
tillerie-Vorbereitung den auf der ganzen Dnjestr-Linie angesetzten Angriff. Im Norden 
gelang es zunächst nur kleinen Verbänden über den Fluß zu kommen. Zydaczow wurde
	        
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