Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

10 Die Ereignisse an der Ostfront nach der Wiedereroberung von Przemysl 
Angriffe der Armee die Ueberschreitung des Dnjestr zu verwehren und sie wieder 
in das Gebirge zurückzuwerfen; aber alle diese Vorstöße wurden unter schweren Ver 
lusten für den Feind abgewiesen. Ja nach der Eroberung Zaleszczykis am 10. Juni 
1915 gelang es den österreichisch-ungarischen Truppen, auch die weiteren Uebergänge über 
den Dnjestr zu erzwingen. Namentlich in der Zeit vom 14. bis zum 19. Juli wurden 
unter heftigen Kämpfen sechs Uebergänge bewerkstelligt, die ein weiteres Verbleiben der 
Russen in diesem Raume fast unmöglich machten, umsomehr, als das gleichzeitige Vor 
gehen des rechten Flügels der Armee Linsingen auch ihre rechte Flanke und rückwärtigen 
Verbindungen bedrohte. Trotzdem hielten sie sich noch an einigen Stellen, die allerdings 
schon mehr an der bessarabischen Grenze des Dnjestrs lagen. 
Die Stellungskämpse, die die Truppen unter der Führung des Feldmarschalls von 
Hindenburg im nördlichen Teil der Ostfront über sich ergehen lassen mußten, waren 
besonders geeignet, eine Vorstellung davon zu geben, welche Bedeutung auch das Ver 
harren in der Verteidigung haben kann, wenn der Operationszweck es verlangt. Der 
Feldmarschall fesselte mit seiner Defensive, die dabei je nach Ort und Gelegenheit sehr 
aktiv geführt wurde, starke russische Kräfte, was um so mehr in die Wagschale fiel, als 
es sich zum Teil um russische Kerntruppen handelte, die somit nicht aus den südöstlichen 
Kriegsschauplatz geworfen werden konnten. 
In der zweiten Juliwoche 1915 trat dann in den Operationen der Verbündeten rechts 
der mittlern Weichsel und in Galizien ein gewisser Stillstand ein. Die Armee des Erz 
herzogs Josef Ferdinand grub sich aus den Höhen nördlich von Krasnik rittlings der 
Straße nach Lublin ein und schlug eine Reihe russischer Angriffe ab, die von frisch ein 
getroffenen Verstärkungen mit besonderer Wucht geführt wurden. Weiter östlich hatte 
die Armee des Generalseldmarschalls v. Mackensen sich auf gleiche Höhe mit den öster 
reichisch-ungarischen Heeresteilen gesetzt und die Gegend südlich von Krasnostaw erreicht. 
Am Bug standen sich die beiden Gegner von Krqlow über Kamionka—Strumilowa bis 
zur Straße Lemberg—Brody gegenüber und dann nach Süden zum Dnjestr an dem 
Abschnitt der Zlota-Lipa entlang. Die Armee Pflanzer-Baltin deckte wie bisher die 
rechte Flanke der ganzen Front gegen Bessarabien. Auch diese Ruhe im allgemeinen stellte 
sich nicht als Erlahmen der Kampfhandlung und Kampfkraft dar, sondern war nur eine 
Pause, wie sie z. B. auch nach der Einnahme von Przemysl eingetreten war. Denn die 
zur Fortsetzung der Operationen nötige Umgruppierung der Truppen konnte bei dem Zu 
stand der Bahnen nur durch Fußmärsche erfolgen und nahm Zeit in Anspruch. Zugleich 
war es notwendig, die rückwärtigen Verbindungen umzulegen und in Tätigkeit treten zu 
lassen, damit die Versorgung der Armeen mit Heeresbedarf jeder Art gesichert werden 
konnte. Dies war um so wichtiger, als die Operationen sich Gebieten näherten, die, an 
und für sich an Hilfsquellen arm, durch den Krieg schon seit dem Sommer 1914 
schwer gelitten hatten. 
Die große Offensive der Verbündeten gegen das westrussische Festungssystem 
bis zum Fall von Warschau 
Von Mitte Juli bis 10. August 1915 
Zehn Monate lang war im Osten gekämpft worden, ohne daß das hinter der starken 
russischen Festungslinie liegende Land von den Operationen berührt wurde. Es erscheint daher 
wohl angebracht, hier nochmals kurz auf diesen russischen Festungsgürtel, über den schon 
früher (II, S. 203) berichtet worden ist, hinzuweisen. „Da der russische Grenzschutz gegen 
Westen sich vornehmlich gegen Preußen-Deutschland wenden sollte, als dem mutmaßlich 
stärksten aller etwaigen Gegner, wurde," wie die „Frankfurter Zeitung" in einem längeren 
Artikel ausführt, „das Schwergewicht der Festungsanlagen so weit als möglich gegen
	        
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