Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

234 Der türkische Krieg von Ende Februar bis Anfang August 1915 
die Uniformen haben einen Ton mit dem graugrünen Sand, den Grashügeln und Büschen. 
Aber durch das Fernrohr unterscheidet flch jeder genau, und man steht, daß in dem 
Gesicht des Nächstliegenden Hunderte von Fliegen kriechen. Warum wischen sie die 
Fliegen nicht fort? Weil sie tot sind, niedergestochen bei einem nächtlichen Angriff. 
Ueber die Linie der Kluft und der Stahlplatten mit den lauernden Gewehren hinweg 
sieht man einen Streifen des blauen Meeres und Mastspitzen vieler Linienschiffe, sowie 
darüberliegend den Rauch unsichtbarer Schornsteine in langen Streifen. Ein nächster 
Teil der Flotte. Aber der kurze Abstand zwischen den Stellungen des linken Flügels 
macht ein Eingreifen der Schiffsartillerie unmöglich." 
Von den Gefangenen und der Beute 
Gegenüber der prachtvollen Haltung der türkischen Truppen machten die Gefangenen, 
wie der Berichterstatter der „Kölnischen Zeitung" betont, einen ungünstigen Eindruck. 
Dies gilt insbesondere von den bei Sedd-ül-Bahr gefangenen Franzosen. Was diese 
armseligen „pion-piona« an jammernden Briefen von und nach der Heimat bei sich 
trugen, wirft nicht gerade ein günstiges Licht auf die Stimmung im französischen 
Expeditionskorps. Auch einige der gefangenen Australier waren geradezu zusammen 
gebrochen und höchst erstaunt über die gute und freundliche Behandlung, die sie hier 
fanden. Alle Gefangenen sagten übereinstimmend aus, man habe ihnen mitgeteilt, daß 
sie unfehlbar von den Türken massakriert würden, falls sie in Gefangenschaft gerieten. 
Das mag, ganz wie derartige törichte Gerüchte auf dem westlichen Kriegsschauplatz, 
eine Rolle gespielt und auf das zähe Festhalten der hiesigen aussichtslosen Stellungen 
großen Einfluß ausgeübt haben. Einige andere Australier, namentlich Unteroffiziere, 
schienen militärisch besseres Material, einige hatten schon den Burenkrieg mitgemacht. 
Auf die Frage, weshalb sie nach Europa gekommen seien und am Krieg teilnähmen, 
wurde mir mehr als einmal die Antwort: „ckust to have a bit of a change!“ Nach 
den Gefangenenaussagen bestand das erste und zweite Kontingent Australier, „Australian 
Commonwealth Military Forces" vor Ari Burun aus 16 Jnfanteriebataillonen. Die 
„Australastan Forces" umfassen außerdem rund 10000 Neuseeländer; dazu kamen einige 
tausend (etwa 4000) Mann regulärer Ersatz, der gleich mitgebracht wurde. Ferner weilten 
vor Ari Burun mindestens vorübergehend etwa zwei Bataillone Marineinfanterie („Royal 
Marine"). An der Südfront kämpften vorwiegend Engländer („Tommies"), Franzosen 
und Inder. 
„Aus den Geräten und Ausrüstungsgegenständen, die man bei Gefallenen 
und Gefangenen vorfand, ließ sich mit Sicherheit entnehmen, daß die ganze Unterneh 
mung bis ins kleinste mit allen Mitteln vorbereitet war," schreibt Franz Babinger der 
„Frankfurter Zeitung": „Konserven in Hülle und Fülle, tadellose Bekleidung und dauer 
haftes Schuhzeug, zusammenklappbare Drahtverhaue, allerlei Pionierwerkzeug, riesige 
Mengen an Wein und sonstigen Nahrungsmitteln; selbst starke Brabanter Pferde waren 
ans Land geschafft worden. Besonders vorzüglich war das Kartenmaterial. Ich fand 
unter den verschiedenen Proben eine musterhafte, vom englischen War Office zweifellos 
zu Landungszwecken ausgearbeitete Karte, die jeden Weg und Steg peinlich genau ver 
zeichnete. Besonders interessant war, daß an verschiedenen Stellen die Worte probable 
landing place (mögliche Landungsstelle) eingedruckt waren; genau an diesen angegebenen 
Punkten fanden denn auch Ausschiffungen statt. Auch ein Armeebefehl des ehemaligen 
Oberbefehlshabers Generals d'Amade wurde bei einem Toten entdeckt. Er war nach 
Inhalt und Stil im Sinne Joffres gehalten, hatte den Soldaten die Schrecken des 
Meeres ausgemalt, in das sie von den Türken im Falle der Besiegung gestoßen würden, 
und endete mit den Worten: „toiijours en avant, Soldats!“
	        
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