Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Kundgebungen 
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mächtigen und großen Deutschland, dem wunderbaren Beispiel der Organisation der Wider 
standskraft, erkläre ich im Namen Italiens: Deutschlands Traum einer Welthegemonie ist 
gebrochen. Die ganze Welt hat sich dagegen erhoben. Der Friede und die Zivilisation 
der künftigen Menschheit müssen auf der Achtung vor der nationalen Selbständigkeit be 
gründet sein. Unter den selbständigen Völkern wird Deutschland als mit den anderen 
gleichgestellt, aber nicht als Herr der anderen angesehen werden müssen. 
Aber eines der bemerkenswertesten Beispiele des maßlosen Stolzes, mit dem die Leiter 
der deutschen Politik aus die anderen Nationen schauen, liegt in dem Bilde, das sich 
Herr v. Bethmann Hollweg von der politischen Welt Italiens gemacht hat." Salandra 
verliest den darauf sich beziehenden Teil der Rede Bethmann Hollwegs (vgl. IV, S. 29,30) 
und fügt bei: „Ich weiß nicht, ob dieser durch Wut verblendete Mann die Absicht hatte, 
meine Kollegen und mich persönlich zu beleidigen — wenn dies der Fall wäre, würde 
ich es nicht erwähnen —, wir sind Männer, deren Leben Sie kennen, Männer, die dem 
Staate bis in die vorgerückten Jahre gedient haben, Männer von fleckenlosem Ruf, 
Männer, die dem Lande das Leben ihrer Kinder hingeben. Aber denken Sie nicht an 
uns, denken Sie im Gegenteil an die abscheuliche Beleidigung, die dieser Fetzen Prosa 
gegen den König schleudert, gegen das italienische Volk, gegen Kammer und Senat und 
selbst gegen Politiker, die eine von unseren Anschauungen abweichende Meinung haben." 
Salandra betont dann, daß die Mitteilungen, auf die sich das Urteil Bethmann 
Hollwegs stütze, von dem Reichskanzler demjenigen Manne zugeschrieben würden, den er 
den besten Kenner der italienischen Dinge nenne, und sagt weiter: „Das kann nur eine 
Anspielung auf Bülow sein mit dem brüderlichen Wunsche, einen Teil der Verantwort 
lichkeit auf ihn abzuwälzen. Ich möchte jedoch nicht, daß Sie die Absichten Bülows 
falsch beurteilen. Ich glaube, daß er Sympathien für Italien hatte und daß er das 
Menschenmöglichste tat, um zu einer Verständigung zu gelangen. Aber wie viele Fehler 
beging er nicht, indem er seine guten Absichten verwirklichen wollte. Er vermutete, 
Italien könne um einiger falsch ausgegebener Millionen willen und unter dem Einfluß 
einiger Personen, die jede Fühlung mit der Seele der Nation verloren hatten, und 
durch Kollisionen, die er bei Politikern versuchte, die aber, wie ich hoffe und glaube, 
nicht zum Ziele führten, von seinem Wege abirren. Die gegenteilige Wirkung war die 
Folge. Ein Sturm der Entrüstung ging durch ganz Italien, nicht nur im niederen 
Volke, sondern in den wirklich höher stehenden Kreisen, in allen edlen Herzen, in allen 
denen, die von der nationalen Würde erfüllt sind und unter der ganzen Jugend, die 
bereit ist, ihr Blut dem Vaterland zu weihen. Dieser Entrüstungssturm entfacht sich 
infolge des Verdachtes, daß ein ausländischer Botschafter zwischen Regierung und Par 
lament des Landes vermitteln wollte. In kurzer Zeit zerstreuten sich die Mißverständ 
nisse, und die ganze Nation schloß sich in wunderbarer moralischer Einheit zusammen, 
die unsere größte Stärke bilden wird in dem harten Kampfe, der uns durch unsere 
Tugend und nicht durch wohlwollende Konzessionen anderer zur Vollendung der höchsten 
Bestimmung des Vaterlandes führen soll." 
Salandra weist sodann auf die Anzeichen der moralischen Einheit des Landes hin, die 
sich in den Werken des Krieges und des Friedens bei denen, die kämpfen, wie bei denen, 
die daheim bleiben, bei denen, die sterben, und bei denen, die weiterleben, offenbaren. 
„Nachdem wir in die große Krise eingetreten sind, dürfen wir nicht hinter den anderen 
Verbündeten und den feindlichen Ländern zurückbleiben. Vom König an, der als Dolmetscher 
der Volksgefühle und der nationalen Wünsche an der Front weilt, bis zum einfachsten 
Arbeiter, den Frauen und jungen Leuten, haben wir alle das Vertrauen, daß wir durch 
diese höchste Anstrengung den künftigen Generationen ein vollständigeres, angeseheneres und 
stärkeres Italien hinterlassen werden, das im Rat der Mächte seinen Platz einnehmen
	        
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