Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die Schlachten am Isonzo 
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nicht mehr Herr werden konnten, wurde das K. u. K. Bataillon von der Höhe 383 
auf die niedrigere Kuppe von Paljewo zurückgedrängt und dort von rückwärtigen Re 
serven ausgenommen. Gemeinsam mit ihnen wieder vorgehend, stürmten sie aufs neue 
gegen die verlorene Höhe an. Mit der großen Uebermacht der Italiener rauften sie 
sich auf dem engen Raum herum, Flinten und Kanonen schwiegen, nur die Revolver 
der Offiziere knallten in das homerische Schreien und Schimpfen der Soldaten, die ein 
ander mit Kolben und Bajonett bearbeiteten. Viele warfen überhaupt die Gewehre weg 
und packten sich Mann gegen Mann mit Fäusten und Zähnen. Schädel wurden ein 
geschlagen, Ohren ausgerissen, am Boden Liegende in dem Gewühl totgetreten. Die 
höheren Offiziere eiferten die Kämpfenden mitten in der Schwarmlinie an. Einem 
österreichischen Generalmajor wurde die Kappe durchschossen. Der italienische Brigadier, 
Generalmajor Airenti, brach schwerverwundet zusammen. Aller lang aufgespeicherte Haß 
von Volk gegen Volk, alle in elf Kriegsmonaten zurückgehaltene Wut gegen die Treu 
brüchigen entlud sich in dieser furchtbarsten und blutigsten aller Stunden der Jsonzo- 
schlacht, die 3000 Italienern das Leben kostete und 7000 Italienern Wunden eintrug. 
Die österreichisch-ungarischen Soldaten warfen die Gegner vom Berg und wurden nur 
durch ihre eigenen Drahtverhaue behindert, sie zum Jsonzo zu verfolgen." 
Ein weiterer, im Schutz der Nacht unternommener Versuch, die Bergkuppe zurückzu 
erobern, ist durch ein frisch eingesetztes galizisches Bataillon abgewiesen worden und 
auch den letzten ernstlichen Sturmversuch in der Nacht zum 20. Juni hat ein mährisch 
tschechisches Bataillon erfolgreich abgewehrt. „Die Hauptmacht der Italiener steht nun," 
nach dem Bericht Leonhard Adelts im „Berliner Tageblatt", „auf den uneinnehmbaren 
Stellungen des Kolowratrückens. Auf dem linken Jsonzoufer behauptet sich ein Kon 
tingent von 3000 bis 4000 Mann in 1000 Schritt Breite und 300 Schritt Tiefe. Nur 
nachts wagen sie sich auf die Uferblöße heraus. Tagsüber suchen sie unter Fels 
vorsprüngen, in Höhlen und im Wald des Plavaabhanges Deckung. Die K. u. K. Ar 
tillerie kann ihnen dort nichts anhaben. Andererseits können aber auch sie nicht an die 
österreichisch-ungarische Höhenstellung heran." 
Das Ringen im Krngebiet (Monte Nero). 
„Das Krnmassiv, der Monte Nero, steigt," nach Angaben der „Wiener Neuen Freien 
Presse", „nördlich von Tolmein zwischen dem hier nordöstlich abbiegenden Jsonzotal und 
der Wochein schroff bis zur Höhe von 2245 Meter empor; da es plateauartigen Cha 
rakter hat, kann die Durchschniltshöhe des Kampfgebietes mit 1500 Metern bezeichnet werden. 
Strategisch erklärt sich die große Anziehungskraft des Krn aus die Italiener aus der 
Tatsache, daß er den Endpunkt mehrerer wertvoller Verbindungslinien darstellt. Er 
eröffnet im Süden den Raum von Tolmein, er erschließt im Osten die Wochein und er 
fängt endlich auch die Straße auf, die bei Flitsch vorbei über Mojsstroka in das obere 
Savetal führt. 
Es war also vorauszusehen, daß einige der Haupteinbruchslinien der Italiener auf 
ihn gerichtet sein würden; wie richtig diese Vermutung war, bewies nicht nur der gleich 
nach der Kriegserklärung hier einsetzende Angriff des Feindes, sondern auch der quali 
tativ und quantitativ sehr wesentliche Truppenaufwand, mit dem die Italiener nach dem 
Besitz dieses Plateaus strebten. Hier rückten Ende Mai 1915 die Brigaden Modena 
und Salerno der 8. Infanteriedivision und überdies große Formationen von Alpini und 
Bersaglieri, Elitetruppen des Feindes, heran. Die österreichisch-ungarischen Kräfte hatten 
sich, wie bekannt, über den Jsonzo in günstige natürliche Verteidigungsstellungen zurück 
gezogen, eine Maßregel, die hier um so gebotener erschien, als an die Herstellungen 
künstlicher Deckungen in diesem Steinboden nicht zu denken war.
	        
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