Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die K irrn pfe an der kärntnerischen Grenze 75 
pickel. Die Fahrküchen wurden durch Kochkisten, die Wagen durch Karren ersetzt, die 
galizischeu Kouikel verwandelten stch durch Tragsättel in Muli, und in wenigen Tagen 
waren die Ungarn, sonst infolge ihrer Kriegserfahrungen dem Gegner weit überlegen, 
auch als Bergkletterer ebenbürtige Rivalen der auf italienischer Seite kämpfenden vor 
züglichen piemontesischen Alpini. 
Zunächst wurde der Kleine Pal am 14. Juni 1915 gründlich mit Granaten und Schrapnells 
zugedeckt und dann von steirischer Landwehr, zu der sich noch eine Abteilung Szekler ge 
sellte, erstürmt. Die Wirkung der österreichischen Geschütze, die mit unheimlicher Genauigkeit 
schossen, war derart, daß die Italiener nicht allein die schwersten Verluste erlitten, son 
dern auch in ihrer moralischen Widerstandskraft völlig gebrochen wurden. Sie begannen 
eine Stellung um die andere zu räumen. In den ersten Nachmittagsstunden war der 
Berg fest in österreichisch-ungarischem Besitz. Die Alpini hatten ebensowenig standgehalten 
wie die Infanteristen der Brigaden Roma und Aosta, die stch oben befanden. Aus dem 
erbeuteten Notizbuch eines italienischen Feldschers geht hervor, daß seine Kompagnie 
am Kleinen Pal von 260 Mann auf 93 Mann zusammenschmolz. Die Italiener ver 
suchten in der Folgezeit zahlreiche Gegenangriffe und gaben die Hoffnung nicht auf, die 
verlorenen Stellungen zurückzugewinnen, aber ihre Bemühungen blieben alle umsonst. 
Später wurde auch der Große Pal genommen, und obgleich der Kampf auf den zer 
klüfteten Gipfelplateaus weiter tobte vermochten doch die österreichisch-ungarischen 
Truppen dank der überlegenen Wirkung ihrer Artillerie im wesentlichen sämtliche Gipfel 
des Gebirgszuges zu halten. 
Von der Beschießung des Forts Hensel 
In den Kärntner Bergen zeigt der Krieg, laut Berichten aus dem K. u. K. Kriegspreffe- 
quartier Südwest, seine beiden extremsten Formen: den Jndianerkrieg der Patrouillen und 
den Kampf schwerer Geschütze. So beschießen die Italiener die österreichischen Sperrforts 
über Berge von 2000 Meter hinweg mit schweren Kalibern. Da ihre Artilleriebeobachter 
gute Sichtverhältnisse haben, entbehrt das Feuer nicht einer gewissen Sicherheit. Dieser 
Vorteil wird wettgemacht durch die glückliche Lage der österreichisch-ungarischen Werke 
und durch die Unerschütterlichkeit ihrer Besatzungen. 
Bereits am 15. Juni 1915 wurde mit der Beschießung des Forts Hensel, das die 
Straße Tarvis—Pontafel bei Malborgeth sperrt, begonnen. Aber die italienischen Be 
mühungen waren vergebens. Das Fort widerstand prachtvoll und todesmutig, obschon 
die Besatzung ein Höllenfeuer auszuhalten hatte. Die Italiener schossen mit 28 Zenti 
meter-Granaten ununterbrochen, an manchen Tagen von zehn Uhr abends bis vier Uhr 
früh. Es wurden in einer Nacht 1000 Granaten abgefeuert, aber — charakteristisch für 
die italienische Artillerie — keine traf. Am 3. Juli 1915, nachmittags 4 Uhr 30 er 
tönten laute Hurra- und Eljeuruse, nachdem auch die tausendste Achtundzwanziger-Granate 
von den Italienern unnütz verschossen worden war. Die Besatzung sang: „Gott erhalte 
unsern Kaiser", die „Wacht am Rhein" und die ungarische Hymne. Generaloberst Erzherzog 
Eugen erließ einen Befehl, der der Besatzung des Forts Hensel hohes Lob spendete und 
betont, es sei bewiesen worden, daß nicht Panzer und Mauerwerk, sondern Geist von 
Kommandant und Besatzung die stärksten Mittel der Verteidigung eines Werkes sind. 
Der Armeeoberkommandant forderte daher die Truppen auf, sich auch fernerhin brav und 
tapfer so lange zu schlagen, bis der elende, bundbrüchige Feind am Boden liege. 
Die 28-Zentimeter-Mörser sind das größte Kaliber der Italiener, mit denen sie 
hofften, die österreichisch-ungarischen Grenzsperren ebenso mit Leichtigkeit niederzuringen, 
wie die K. u. K. 30,5-Mörser die belgisch-französischen Befestigungen. Es wurde jedoch 
festgestellt, daß die Achtundzwanziger bei weitem nicht die Präzision der österreichisch-
	        
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