Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

60 Der italienische Krieg bis zur dritten Jsonzoschlacht 
Mit 15 Mann komme ich von meiner Kompagnie heim. Die Oesterreicher haben trium 
phiert und werden noch lange triumphieren. Wir haben uns in ihnen getäuscht. Wie 
sie aus den Berg hinaufgekommen sind, bleibt uns ebenso ein Rätsel wie das Problem, 
wie wir selber hinaufkommen sollen. Von unserem Regiment allein haben über 
2000 Mann an den Abhängen ihr Leben gelassen. Und da reden die Zeitungen, wir 
streben auf Toblach zu!! Wüßten diese Leute, daß die Italiener auf dem Wege vom 
Misurinasee, auf dem Tre Crocipaß, auf den beiden Wegen, die von Cortina her bei 
Landro—Schluderbach zusammenführen, über 20000 Tote, Verwundete und Vermißte 
zählten, wüßten sie, daß die Oesterreicher in unerreichbaren Positionen an ihren Sperr 
forts und auf dem verwünschten Pianoberg stehen, so würden sie mit ihren Reden 
piano pianissimo sein * 
Die italienischen Gefangenen, die aus den Kämpfen um den Monte Piano nach Tob 
lach gebracht wurden, waren, wie der Kriegsberichterstatter Kurt von Reden in den 
„Leipziger Neuesten Nachrichten" erzählte, ein merkwürdiges Gemisch von Menschen, das 
nur die gemeinsame Uniform und Sprache einte. „Vom selben Regiment standen Leute 
aus Belluno, nächst der österreichisch-ungarischen Grenze und aus Messina vor mir. 
Von anderen Gefangenen waren sie auf den ersten Blick durch ihre erst zum Teil aus 
gewaschenen, früher über und über mit Blut bedeckten Uniformen, schon von weitem zu 
erkennen. Es machte den Eindruck, als wenn jeder einzelne selbst in furchtbarer Weise 
verwundet worden wäre. Ich habe solche Monturen an unverwundeten Leuten noch nie 
gesehen und frug, wie das denn möglich gewesen sei. Und dann kam die Erklärung. 
Nach der überaus schweren Beschießung unserer Truppen aus dem höchsten Punkt des 
Monte Piano, in dessen Nähe die zum Angriff bestimmten Bataillone in der Nacht aus 
den 20. Juli vorgerückt waren, sagten die italienischen Offiziere ihren Leuten, daß unsere 
Hindernisse und Schützengräben vollkommen zerstört seien und daher für den nächsten 
Morgen nichts mehr zu befürchten wäre. Als der Tag nach einer durchfrorenen Nacht 
endlich herankam, hieß es, so erzählen die Gefangenen: „Wir brauchen bloß noch auf 
den Berg ganz hinaufzusteigen, um dann den direkten Weg nach Toblach zu erreichen. 
Dort sei für uns das Nachtquartier bestimmt, ein großes Brauhaus sei voll mit Bier 
und gutem, warmen Essen; und dann gingen wir los. Auf einmal aber fingen die 
Oesterreicher ganz fürchterlich zu schießen an, besonders mit Kanonen und Maschinen 
gewehren, und in einer halben Stunde längstens lag die Hälfte unserer Leute mit Kopf 
schüssen tot zwischen uns, unter uns und auch aus uns, so daß wir uns gar nicht mehr 
rühren konnten. Verwundet waren sehr wenige. Dann kamen die Oesterreicher noch 
von der Seite her und in unseren Rücken, wir wurden aus unseren Deckungen heraus 
gezogen und gefangen... So kamen die Leute wirklich noch am Abend nach Toblach." 
Die Ereignisse um Sexten seit Kriegsbeginn bis Anfang August 1915 
Aus dem italienischen oberen Piavetale führt ein ziemlich breites Hochtal durch das 
Comelico direkt an die österreichisch-ungarische Grenze zum Kreuzbergsattel; eine vor 
zügliche, sanft ansteigende Straße zieht sich durch das ganze Tal, dessen Hänge fast 
durchweg nieder sind und nur langsam ansteigen. Der Kreuzbergsattel, etwa 1600 Meter 
hoch, ist der Punkt der Grenze, der der Eisenbahnlinie, die nur fünf Kilometer von Sexten 
entfernt bei Jnnichen das Pustertal durchzieht, am nächsten liegt. Er ist ziemlich weit; 
erst gegen Sexten zu schließt sich das Tal einigermaßen, und dort sind dann auch die 
österreichisch-ungarischen permanenten Sperren errichtet. 
Da man hier in der noch unbeschützten Zone gleich bei Kriegsausbruch einen Vorbruch 
der Italiener bestimmt erwartete, wurde nach dem 23. Mai 1915 zunächst der Horni- 
scheck, ein kahler, öder Berg von zweieinhalbtausend Meter Höhe östlich Sexten von
	        
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