Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

300 Die Schweizerische Eidgenossenschaft während des ersten Kriegsjahres 
Auszug dienen die Männer von 20 bis 32, in der Landwehr diejenigen von 33 bis 40, 
und im Landsturm solche von 41 bis 48 Jahren. Während der ganzen Dauer der Wehr 
pflicht behält der Wehrmann seine vollständige, persönliche Ausrüstung, was eine sehr 
schnelle Durchführung der Mobilisierung ermöglicht. 
Das Heer der Eidgenossenschaft besteht aus drei Armeekorps, ein solches Korps aus 
je zwei Divisionen und jede Division aus drei Jnfanteriebrigaden und einer Artillerie 
brigade. Einen General besitzt das schweizerische Heer in Friedenszeiten nicht, dieser 
wird erst ernannt, wenn außerordentliche Umstände seine Wahl erfordern. 
Trotz der Neutralitätsgarantien aller Nachbarstaaten ordnete der Bundesrat am 
30. Juli 1914 die Mobilmachung des Landsturms für die erste Grenzbewachung aus 
den 1. August 1914 an und stellte die gesamte schweizerische Armee auf Pikett. Am 
31. Juli 1914 wurde die Mobilmachung des ganzen Heeres aus den 3. August 1914 
verfügt. 
Mit feierlichem Ernst schwuren die Truppen, dem Vaterlande die Treue zu halten 
bis in den Tod, und ruhig, ohne lärmende Begeisterung, aber mit dem ehernen Willen, 
das Vaterland bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen, marschierten die Bataillone 
an die Grenzen. Noch wußte niemand, was Italien im Schilde führte, gehörte es doch 
nicht zu den Garantiemächten von 1815, noch war es ungewiß, ob der Krieg, der 
Europa verheerte, an den Grenzen der Schweiz Halt machen würde. In fieberhafter 
Eile wurden der ganzen Grenze entlang starke Feldbefestigungen erbaut, die im- Lause 
der Grenzbefetzung fortgesetzt verbessert und verstärkt wurden. Ebenso sind die zunächst 
in der Eile aus Laub und Moos erstellten Unterkunftshütten in der Folge durch wohn 
lichere, heizbare Lehmbauten ersetzt worden. Für das Rote Kreuz, das die Truppen mit der 
nötigen Wäsche versorgt, liefen aus allen Teilen des Landes reiche Gaben ein. An 
barem Geld war bis Ende 1914 die Summe von annähernd 850000 Franken eingegangen. 
Auch der Bundesrat erhält fortwährend Geldgaben als Beitrag zu den Kosten der 
Grenzbesetzung; Schweizer in Südamerika sandten zu dem Zwecke 100000 Franken. 
Die lange Zeit unter den Waffen verstrich nicht ungenützt. Verschiedene große 
Manöver wurden sowohl im Herbst 1914 als im Frühling und Sommer 1915, teil 
weise unter Leitung des Generalstabchefs Sprecher von Bernegg abgehalten. Aber auch 
als Straßen-und Brückenbauer waren die Truppen tätig; so haben, um ein Beispiel zu 
geben, Soldaten die schwierige Arbeit der Korrektion der Pierre-Pertuis-Straße im 
Jura ausgeführt. 
Der Gesundheitszustand der Truppen war bisher durchaus befriedigend; dagegen 
wurde die Armee von einigen schweren Unglücksfällen heimgesucht. Zwei Flieger 
abstürze, am 4. und 24. Juni 1915, beraubten das Heer um drei der tüchtigsten Militär 
aviatiker. 
Als die Schlacht in Frankreich zum Stehen gekommen war und infolgedessen Grenz 
verletzungen weniger zu befürchten, zudem die Grenzbefestigungen genügend gesichert 
schienen, konnte Anfang Dezember 1914 etwa die Hälfte des Heeres abgelöst werden. 
Eine Reihe von Vereinen, die sich alle das geistige und körperliche Wohl der Truppen 
zum Ziele gesetzt haben, wurde gegründet. Der „Schweizerische Verband Soldaten 
wohl" sorgte für Soldaten st üben, wo die Mannschaften neben Lektüre auch warme, 
alkoholfreie Getränke erhalten können. Dort können sie ihre freien Abendstunden ver 
bringen, ohne zum Wirtshausbesuch gezwungen zu sein. Im August 1915 waren rund 
100 solche Soldatenstuben im Betrieb. Dem gleichen Verband ist auch die treffliche 
„Schweizerische Soldatenbibliothek" zu verdanken. 
Für die „geistige Gesundheit" der Arniee hat die Armeeleitung außerdem unter 
Mitwirkung der „Neuen Helvetischen Gesellschaft" die Organisation von Vorträgen
	        
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