Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Enttäuschungen und Stimmungen 
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uns den deutschen Museen alles einigermaßen Wertvolle fortzuführen als Entschädigung 
für die Verluste Frankreichs und Belgiens in künstlerischer Hinsicht. Deutschland muß 
außerdem eine derartige Kriegsentschädigung auferlegt erhalten, daß es generationenlang 
daran abzuzahlen hat, und muß völlig entwaffnet werden. Kein Heer, keine Marine, 
höchstens eine bürgerliche Polizei! „Le salut de la France le veut.“ 
Dieser Haß erklärt einigermaßen die für Frankreich so beschämende Behandlung schwer 
verwundeter deutscher Kriegsgefangener wie in Lyon und Reims; dieser Haß ist der 
Grund der allerdings aus deutschen Druck hin in einer zweiten Verhandlung aufgehobenen 
Verurteilung der deutschen Sanitäter und Aerzte von Lizy-sur-Ourcq durch das Pariser 
Kriegsgericht, ist die Ursache der Verurteilung der deutschen Offiziere v. Schierstädt und 
v. Strachwitz zu Zuchthaus und Zwangsarbeit wegen der als Plünderung ausgelegten 
Requisition eines Wagens, und der Justizmorde von Casablanca, über die die fran 
zösische Regierung bis heute noch den Schuidbeweis der erschossenen deutschen Kaufleute 
zu liefern sich nicht verstanden hat. Dieser Haß ist schließlich auch die Ursache des Auf 
rufs zum Glaubens- und Religionskrieg gegen Deutschland, den der katholische Ausschuß 
für die französische Werbearbeit im Ausland in der in der Weltgeschichte an teuflischer 
Gehässigkeit bisher einzig dastehenden Verleumdungsschrift „Der deutsche Krieg und 
der Katholizismus" erlassen hat (vgl. S. 59); dieser Haß hat auch die „Croi- 
sade Fran?aise" den „Kreuzzug der Damen" veranlaßt, einen französischen Frauen 
bund, dem die Damen Viviani, Augagneur, Delcasse und Poincare angehören und der in 
neutralen Ländern eine Propaganda zugunsten Frankreichs organisieren will. 
Eine Erklärung für derlei fast pathologisch zu nennende Haßäußerungen ist schwer. 
C. A. Blatter versucht sie in einer Artikelserie im „Krieg in Paris" in der „Vosstschen 
Zeitung" aus die wachsende Effiminierung Frankreichs zurückzuführen, die der scharf 
äugige Proudhon schon vor der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts vorausgesagt habe. 
C. A. Blatter schreibt: Das Männliche im Wesen des Franzosen — zumindest des 
Parisers —, in seiner Art zu denken, zu fühlen, in seiner Stellungnahme zu dem gewaltigen 
Geschehnisse unserer Tage äußert sich lediglich in starken und stärksten Ausbrüchen eines 
unausgesetzt lodernden Affekts. Der Patriotismus, diese schönste männliche Regung, ist 
bei ihm eine fortgesetzte Reihe von Explosionen. Sie brechen nicht aus übervollem 
Herzen hervor, nicht aus der Begeisterung für die Waffentaten der „poilus“, der „piou- 
pious“ im Felde, nicht aus der Sorge um die Erhaltung der schwer errungenen Frei 
heiten, der Demokratie — ach nein —, sondern sie entquellen einem grenzenlosen, alle 
Dämme der Vernunft niederreißenden, wahnwitzigen Hasse. 
Der zielbewußte, sachliche Haß, der den Verstand schärft und immer neue, taugliche 
Mittel zur Vernichtung des Gegners ersinnt, ist eine positive, männliche, schaffende 
Lebensäußerung. Der in ohnmächtigen Kundgebungen täglich und stündlich verpuffende 
Haß jedoch, der nichts gebiert als unsachliches, kindisches Schimpfen, als phrasenhafte 
Leitartikel, als Flutwellen hohler, unwahrer Redensarten von der Tribüne herab: 
dieser Haß ohne Stoßkraft, ohne Ziel, ohne die Reserve des Könnens, ist die denkbar 
unmännlichste Betätigung. Und dieser Haß ist es, der mit überaus bezeichnender 
Gleichheit der Dynamik jetzt ganz Frankreich beherrscht, betäubt, eines jeden Sinnes für 
die furchtbaren Realitäten der Gegenwart beraubt." 
Maßnahmm der französischen Regierung 
Personalien 
Januar 1915. 
General Hirschauer ist zum Direktor des äronautischen Dienstes ernannt worden.
	        
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