Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

810 Die neutralen Nordstaaten und Amerika bis zur Versenkung der „Lusitania" 
worden, daß ihre Kriegsschiffe sich in größerer Distanz von New Jork oder Honolulu 
aufhalten mögen. 
14. „In Amerika geborene Personen sind auf neutralen Schiffen verhaftet und nach Eng 
land gebracht worden." — Bryan: Die Behauptung ist im allgemeinen nicht zutreffend, 
aber in Einzelfällen sind gehörige Vorstellungen gemacht worden. 
15. „Britische Truppen sind durch die Vereinigten Staaten transportiert worden." — 
Bryan: Es ist kein Beweis dafür erbracht worden. Die amerikanische Regierung hat 
aber das Ersuchen der kanadischen Regierung, Truppen eine kurze Strecke durch Alaska 
transportieren zu dürfen, zurückgewiesen. 
16. „Die Regierung hat ihren Standpunkt in der Anleihesrage geändert." — Bryan: 
Es ist keine Aenderung eingetreten. Obwohl die Regierung Anleihen nicht verhindern 
könnte, würde sie es doch mit Mißfallen sehen, wenn Anleihen kriegführender Länder hier 
aufgelegt würden. Aber einer ausländischen Regierung Bankkredite einzuräumen, die die 
Beschaffung von Materialien aller Art hier erleichtern sollen, hält sie für durch 
aus erlaubt. 
Nur die anglophile Presse fand Herr Bryans Antwort ausreichend. Die anderen Blätter 
hielten die „Rechtfertigung" für mißglückt und die Neutralitätsbewegung nahm immer 
größeren Umfang an. Zahlreiche Protest Versammlungen fanden statt; eine der 
größten war jene, die im Februar 1915 im Kolosseum zu Chicago tagte und von nicht weniger 
als 18 000 Vertretern aller Nationen besucht war. In der Eröffnungsrede hieß es: 
„Wir müssen frei fein. Frei von Heuchelei, die um Frieden betet und zu gleicher Zeit 
Waffen verkauft, frei, um eine eigene Handelsmarine zu bauen, mit der amerikanische 
Bürger und amerikanische Waren nach irgend einem Teile der Welt gebracht werden 
können, frei von den Hindernissen, die unserem Handel auferlegt werden. Heute erntet 
Amerika die Früchte der englischen Machenschaften. Die Handelsmarine ist durch Eng 
land während des Bürgerkrieges zerstört worden. Die amerikanische Presse ist den Eng 
ländern ausgeliefert; die Engländer verbieten uns, hier festliegende Schiffe zu kaufen, 
britische Kriegsschiffe kontrollieren unsere Küsten, Großbritannien untersagt uns, Schiffe 
nach den Häfen der Nordsee zu schicken. Wir wollen unsere Schiffe in See gehen lassen, 
aber England feuert über sie hinweg, holt ihre Flaggen herunter, schleppt sie in seine 
Häfen, durchwühlt ihre Frachten, nimmt davon was ihm gut dünkt, schreibt vor, was 
für Passagiere wir nach neutralen Häfen bringen dürfen, und zum Dank dafür, daß 
England unsere Seerechte mit Füßen tritt, liefern wir in sklavischer Unterwürfigkeit 
England die Bedürfnisse des Krieges gegen Deutschland. Diese Lage ist unhaltbar." 
In der Tat kommt die schwächliche Haltung der amerikanischen Regierung in der 
Neutralitätsfrage nirgends so deutlich zum Ausdruck, wie bei der Duldung der 
Kriegslieferungen an die Gegner Deutschlands, die Senator Hitchcock in der Rede 
zu seiner, Ende Dezember 1914 im Kongreß eingebrachten Gesetzesvorlage für ein 
Waffenausfuhrverbot nach den kriegführenden Ländern, als „blutigen Schacher" be 
zeichnete. Nach der amerikanischen Zeitung „World" sind „vier Milliarden Mark eine 
vorsichtige Schätzung des Wertes, auf den sich der Handel in Waffen, Munition und 
Kriegsmaterialien zwischen den europäischen Alliierten und amerikanischen Fabrikanten 
während des ersten Kriegsjahres belaufen wird. Während der ersten sechs Kriegsmonate 
haben die Alliierten von Amerika für 1,6 Milliarden Mark an Kriegsmaterialien gekauft 
und viele der Fabrikanten besaßen Lieferungskontrakte mit den Regierungen von England, 
Frankreich und Rußland, die am Ende des ersten Kriegshalbjahres mindestens noch neun 
Monate, in manchen Fällen noch zwei Jahre liefen. In die im ersten Kriegshalbjahr 
nach Amerika bezahlten 1600 Millionen, teilen sich die einzelnen Industrien folgender 
maßen: Waffen, Munition und Explosivstoffe für 428 000 000 M-, Eisen und Stahl
	        
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