Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Der Waldkrieg in den Argonnen 
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zeitig durchbrach an einer anderen, 500 Meter weiter östlich gelegenen Stelle Leutnant 
Nichterlein mit der 1. Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 130 die feindliche Linie 
und drang in einige Blockhäuser ein, in denen er viele Gefangene, ein Maschinengewehr, 
zwei Eselskanonen und zwei Revolverkanonen erbeutete. 
Gegen die Höhe 285 unternahmen die Franzosen am Nachmittag mehrere Gegenan 
griffe, die aber von den 144ern und Jägern abgewiesen wurden. Der Feind setzte das 
ununterbrochene schwere Artilleriefeuer unter Aufwand gewaltiger Munitionsmengen und 
zeitweise unter Verwendung von Granaten mit erstickender Gaswirkung bis zum späten 
Abend fort. Als dann endlich bei Eintritt der Dunkelheit alle Gegenangriffe zerschellt 
sind und der Kampf langsam abflaut, liegt die französische Infanterie auf der ganzen 
Front unmittelbar vor den neuen deutschen Stellungen. Aus beiden Seiten wird mit 
fieberhafter Anspannung aller Kräfte daran gearbeitet, schnell wieder neue Gräben aus 
zuheben, um am nächsten Tage für eine Fortsetzung des Kampfes gerüstet zu sein. Nach 
all den unerhörten Anstrengungen und Aufregungen des Kampftages herrscht bei unseren 
Truppen jubelnde, begeisterte, stolze Siegesfreude. Bis zum Aeußersten und Letzten hatte 
jeder sein Bestes hergegeben. Im Laufe des Abends und der Nacht stellten sich auf 
den Verbandplätzen viele Verwundete ein, die schon frühmorgens einen Arm- oder Bein 
schuß oder sonst eine Verwundung erhalten hatten und trotzdem bis zuletzt mitgemacht 
hatten, um ja nichts zu versäumen von diesem höchsten Glück des Soldaten, dem Siege. 
Und alle wissen es ganz genau, daß am nächsten Tage die Kunde von den Heldentaten 
und dem Ruhm der Argonnenkämpfer in alle Welt hinausklingen wird, drüben zu den 
Kameraden, die gegen die Russen kämpfen, und weit übers Meer, und vor allem zum 
Vater und zur Mutter und all den Lieben zu Hause in der Heimat. 
Aus der gesamten Front hatten die deutschen Truppen im heißen Ringen des 13. Juli 
1915 die ihnen gesteckten Ziele völlig erreicht. Die Höhenlinie 285 — La Fille Morte 
— war fest in deutschem Besitz. Der Feind hatte 64 Offiziere, darunter ein Major und 
neun Hauptleute, mehr als 3400 Mann als Gefangene, zwei Gebirgs- und zwei Revolver 
kanonen, 34 Maschinengewehre, 51 Minenwerfer, fünf Bronzemörser und eine unüber 
sehbare Menge Munition, Waffen und Gerät in unseren Händen gelassen. Mehr als 
200 tote Franzosen bedeckten das Schlachtfeld und wurden von unseren Truppen in den 
nächsten Tagen beerdigt. 
In den Argonnenkämpfen vom 20. Juni bis 13. Juli 1915 wurden 116 Offiziere und 
über 7000 Mann gefangengenommen, mehr als 4000 tote Franzosen gezählt, die Anzahl 
der Verwundeten ist auf mindestens 5 bis 6000 zu schätzen. Daraus ergibt sich als Ziffer 
der gesamten französischen Verluste in diesem Abschnitt rund 16 bis 17000 Mann. 
Rückhaltlos erkennen unsere Truppen voll ehrlicher Hochachtung und Bewunderung 
an, mit welch zäher, todesmutiger Tapferkeit sich die Franzosen Schritt für Schritt, von 
Graben zu Graben und von einem Granatloch zum andern verteidigt haben. Ob die 
da drüben wohl alle wissen, für welchen Zweck sie sich schlagen? Ob sie wohl alle an 
das Märchen glauben, daß die eroberungslustigen deutschen Barbaren diesen Krieg herauf 
beschworen haben, und ob sie wohl alle uns Deutsche hassen? Sicher nicht. Aber sie 
tun ihre Pflicht bis zum äußersten, bis zum letzten Atemzug, als echte Soldaten. Drum 
Ehre auch dem Andenken der gefallenen Feinde! 
Desto tiefer ist bei unseren Truppen die Entrüstung über die unerhörte Verlogenheit 
der französischen Berichte. Amtlich gibt die Pariser Presse bekannt: „Die Armee des 
Kronprinzen hat die Offensive in den Argonnen wieder aufgenommen und hat eine neue 
Schlappe erlitten. Der Feind, der vorübergehend in unsere vordersten Gräben einge 
drungen war, wurde durch unsere sofortige Gegenoffensive wieder zurückgeworfen. Die
	        
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