Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Der Waldkrieg in den Argonnen 
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hüllt sind. Neugierig strecken unsere Leute die Köpfe über die Brustwehr und überzeugen 
sich von der guten Wirkung des Artilleriefeuers. Dieses Zuschauervergnügen dauert 
aber nur kurz, denn bald eröffnen auch die französischen Batterien und Minenwerfer ihr 
Feuer, das sich von Stunde zu Stunde bis zur rasendsten Heftigkeit steigert. Dieses 
stundenlange untätige Aushalten in dem mörderischen Granatenhagel ist viel schlimmer 
und zermürbender als der ganze Sturm. 
Um 8 Uhr vormittags brechen am linken Flügel etwa in der Mitte zwischen dem 
Punkt 263 und 285 die 5. schlesischen Jäger und ein Metzer Jnsanteriebataillon zum 
Sturm gegen den vorgeschobenen französischen Stützpunkt los. In sieben Minuten sind 
die ersten drei Gräben überlaufen, der Feind wird an dieser Stelle von beiden Seiten 
eingeschlossen, so daß er von hier aus den späteren Hauptsturm nicht mehr staukieren kann. 
Währenddessen erreicht ans der ganzen Front die Heftigkeit des Artillerie- und Minen- 
seuers ihren Höhepunkt. Viele Gräben werden im Laufe des Vormittags auf feindlicher 
wie auch aus deutscher Seite einfach eingeebnet. An einer Stelle schlägt eine Mine in 
ein französisches Handgranatenlager, das mit fürchterlichem Krach in die Luft fliegt. 
Hinter der Front fand man am nächsten Tage in einem einzigen, durch eine schwere 
Mörsergranate durchschlagenen Unterstand 105 tote Franzosen. Ohne auf das vernichtende 
Feuer zu achten, sitzen die Beobachter unserer Artillerie an ihren Plätzen und machen die 
nötigen Meldungen über die Wirkung des Feuers. An drei verschiedenen Stellen hielten 
in Sappenspitzen die Leutnants Kayser und Fritsche und der Osfizierstellvertreter Bock 
nur wenige Meter vom feindlichen Graben entfernt den ganzen Morgen aus und leiteten 
von hier aus das Feuer ihrer Batterien. Kurz vor dem Sturm schleichen sich an einer 
anderen Stelle zwei Pioniere, der Vizefeldwebel Bansamier und Unteroffizier Tuttenuit, 
in einer Sappe bis dicht an die französische Stellung heran und bringen hier unter einem 
Hagel von Handgranaten und Minen in aller Ruhe eine doppelte Sprengladung an. 
Punkt 11 Uhr 30 Minuten vormittags wird die Zündung in Tätigkeit gesetzt: eine ge 
waltige Explosion — und im nächsten Augenblick stürmen schon die ersten Musketiere und 
Pioniere durch die Sprengtrichter hindurch aus den französischen Graben zu. Im Hand 
umdrehen sind die noch unbeschädigten Teile des Drahthindernisses auseinandergerissen 
und zerschnitten, rechts und links sausen die Handgranaten den Franzosen an die Köpfe, 
und schon stürzt sich mit tollkühnem Sprung als erster der Pionier Blum der 1. Kom 
pagnie des Pionierbataillons Nr. 16 in den feindlichen Graben. Es vergehen kaum eine 
oder zwei Minuten, da hat die erste Sturmwelle schon den vordersten Graben überranut 
und stürmt weiter gegen die zweite und dritte Linie. Zur gleichen Sekunde ist aus der 
ganzen Front von der Bolante bis jenseits der Römerstraße der Sturm losgebrochen. 
An vielen Stellen werden unsere Leute in dem Augenblick, in dem sie aus dem Graben 
vorbrechen, von einem rasenden Infanterie- und Maschinengewehrfeuer empfangen. Alles 
kommt nun daraus an, so schnell wie möglich die Hindernisse zu überwinden. An einer 
besonders gefährlichen Stelle springt ein junger Offizier, Leutnant Freiherr von Marschall, 
seinen Jägern weit voran mit einem einzigen Satz über das vier Schritte breite Draht 
hindernis. Die andern folgen ihm; vor ihnen liegt ein Blockhaus, aus dem zwei Maschinen 
gewehre Tod und Verderben speien. Die Jäger stürzen sich darauf, schleudern ihre 
Handgranaten durch die Schießscharten und den rückwärtigen Eingang in das Innere 
und machen so die Bedienungsmannschaft der Maschinengewehre unschädlich. Drei, vier, 
fünf Gräben werden überlaufen, dann geht's hinunter ins Meurissontal. Hier steht an 
einer gedeckten Stelle ein Minenwerfer, den tapfer bis zum letzten Augenblick ein fran 
zösischer Artilleriehauptmann bedient. Seine Leute liegen tot oder schwer verwundet 
neben ihm. Gerade will er eine seiner gefürchteten Minen den Heranstürmenden ent 
gegenschlendern, da springt ein Bauernsohn von der schlesisch-polnischen Grenze, der Jäger
	        
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