Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Der Waldkrieg in den Argonnen 
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bricht auf der ganzen Front der Sturm los. Fortgerissen von glühendster Begeiste 
rung und dem todesverachtenden Willen zum Siege stürzen sich die braven Leute auf 
den vordersten französischen Graben. Ohne selbst zu wissen, wie, durchbrechen sie im 
Handumdrehen das Drahthindernis. Viele bleiben im Stacheldraht hängen, zerfetzen 
die Kleider, fallen hin, springen wieder auf, und weiter geht's, den feuerspeienden Block 
häusern entgegen. Zur gleichen Zeit hat die Artillerie ihr Feuer weiter nach rückwärts 
verlegt. Zu beiden Seiten der Straße nach Vienne-le-CHLteau gelingt der Sturm am 
schnellsten, hier hat das vorbereitende Feuer am furchtbarsten gewirkt; in einem einzigen 
Anlauf werden die drei französischen Gräben und die Wagenbarrikade drüben auf dem 
nächsten Höhenrücken genommen, die ersten Offiziere und etwa 100 Mann fallen in den 
genommenen Gräben und Unterständen den Siegern als Gefangene in die Hände. Im 
dichten Walde geht es langsamer vorwärts. Hier kommt es im vordersten französischen 
Graben zu einem heißen, erbitterten Nahkampf. Jedes Maschinengewehr, jedes Block 
haus, jede Schießscharte, jeder Unterstand muß hier einzeln angegriffen und genommen 
werden. Unsere Leute vollbringen in dem ihnen unbekannten Grabengewirr, mitten 
zwischen den Hindernissen, im Kampf gegen einen unsichtbaren, wohlgedeckten Feind Helden 
taten voll Kaltblütigkeit und Todesmut. Ein Trupp Württemberger mit ihrem tapferen 
Führer, Leutnant Sommer, erstürmt ein Blockhaus, legt sich trotz des heftigsten, von 
allen Seiten auf sie niederprasselnden Feuers oben auf das Dach und macht mit Revolver 
schüssen und Handgranaten durch die Schießscharten die Besatzung und ihr Maschinen 
gewehr unschädlich. Von einem Nachbargraben aus zu Tode getroffen, fällt der junge 
Offizier. Eine kleine Abteilung stürmt bis weit in die feindlichen rückwärtigen Stellungen 
hinein, verliert aber die Verbindung mit den Kameraden und wird abgeschnitten. So 
sind es oft gerade die tapfersten, die im Drang nach vorwärts allzuweit vorstürmen und 
dann dem Feind in die Hand fallen. An einer anderen Stelle des Labordsrewerkes, 
an der der Sturm auf ganz besonders starke Hindernisse und Befestigungen stößt, ge 
lingt es Leutnant Walker, mit einer Kompagnie in ein schmales Stück der feindlichen 
Stellung einzudringen. Von vorne und auf beiden Seiten durch den überlegenen Feind ein 
geschlossen, ohne rückwärtige Verbindung zu seinem Bataillon, hält er sich stundenlang 
im rasendsten Feuer. Endlich um 8 Uhr abends brechen aus beiden Flanken neue Kom 
pagnien zu ihren todesmutigen Kameraden durch. Alles, was sich in den Weg stellt, 
wird niedergemacht oder gefangen genommen. Ebenso heiß und blutig tobt der Nah 
kampf im östlichen Teil des Labordsrewerkes. Zwei der tapfersten jungen Führer, 
Leutnant von Spindler und Fähnrich Kurz vom Infanterieregiment „Kaiser Wilhelm" 
Nr. 120, gelingt es, mit wenigen Leuten in den feindlichen Graben hineinzuspringen 
und ihn nach rechts und links aufzurollen. Beide müssen ihren Heldenmut mit dem 
Leben bezahlen. Ihr gutes deutsches Blut ist nicht umsonst geflossen. Als es Abend 
wird, ist der größte Teil des Labordsrewerkes und die gesamten Stellungen zu beiden 
Seiten der Straße nach Vienne-le-ChLteau im Besitz der Württemberger und der preußi 
schen Landwehr. Mehrere heftige Gegenangriffe der Franzosen werden abgewiesen. 
Sieben Offiziere, 627 Mann, sechs Maschinengewehre, 15 Minenwerser, mehr als 1000 
Gewehre und viel Gerät, Waffen und Munition sind die Beute der Sieger. 
Der Bericht vom 3. August 1915: 
In den Tagen vom 21. bis 29. Juni 1915 machten die Franzosen fast täglich Versuche 
zur Wiedereroberung ihrer Stellungen. Sie überschütteten die deutschen Truppen in 
den neu eroberten Gräben Tag und Nacht mit einem Hagel von Granaten und Minen, 
setzten ihre Infanterie immer wieder zum Gegenangriff an, übergössen am 28. und 
29. Juni mehrere unserer Gräben mit einer brennenden, ätzenden Flüssigkeit, alles ver 
gebens; die am 20. Juni gewonnenen Stellungen blieben fest in der Hand der Deutschen. 
Böllerkrieg. VII. 12
	        
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