Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

D i e Kämpfe im Zentrum der Schlachtfront 151 
nach dem Abendbrot ein wenig mit dem alten Bauer. War die Kanonade in meiner 
Abwesenheit gar zu heftig gewesen, so erkundigte ich mich teilnehmend, ob er sehr in Sorge 
gewesen sei, worauf er, mit einer geringschätzigen Handbewegung auf sein Scheunendach 
zeigend, meinte: „Non, non, monsieur, seulement nn petit obus sur le toit!“ 
So kehrte ich wieder einmal eines Abends fröhlich in mein Quartier zurück, als man 
mich diesmal mit Angst und Sorge empfing. Schon den ganzen Nachmittag hatten die 
Franzosen mit schwerer Artillerie über das Besitztum hinweggeschossen, und das Nach 
barhaus war schon zerstört worden. Man hörte fortgesetzt den dumpfen Abschuß der 
Batterie und unmittelbar danach das Sausen der Geschosse über dem Dache. Eine 
Unterhaltung wollte an diesem Abend nicht recht aufkommen, fortgesetzt platzten die 
schweren Granaten in unserer nächsten Nähe, und das ganze Haus erzitterte in seinen 
Grundfesten. Der Bauer wischte sich den Schweiß von der Stirn; so schwer war das 
Bombardement bisher noch nie gewesen. Schon um neun Uhr wünschten wir uns Gute 
Nacht, jeder mit Sorge im Herzen. 
Unruhig schlief ich ein; ich hatte Achtung vor den Bauersleuten und Zuneigung zu 
ihnen gewonnen, und es war mein aufrichtiger Wunsch, daß dieses kleine Besitztum kein 
Opfer des rauhen Krieges werden möchte. Plötzlich schrecke ich empor und vernehme 
ein donnerähnliches Krachen. Balken, Ziegel, Eisenstücke prasseln auf den Fußboden — 
dann Totenstille —, nur der Wind wirft hier und da noch eine Glasscherbe zu Boden. 
Ich selbst bin unversehrt; in meinem Zimmer Türe und Fenster zerschlagen und alles 
in eine dicke graue Kalkschicht gehüllt. Neben meinem Zimmer ein großer Trümmer 
haufen und darüber der dunkle Sternenhimmel. 
Nach minutenlangem, lähmendem Schweigen ein vorsichtiges Tasten im Schutt: wie 
durch ein Wunder sind Bauer und Bäuerin unversehrt geblieben. Mich überkam beim 
Schmerz der alten Leute eine große Traurigkeit; wie im Traum ging ich in dieser 
Nacht in ein anderes Haus und fand dort keinen Schlaf mehr. Und am anderen 
Morgen kam der Befehl, daß auch die letzten Einwohner den Ort wegen Lebensgefahr 
zu verlassen hätten. 
Der musikalische Feldwebel 
„Daß der Humor im Kriege nicht ausgeht, ist wohlgetan," erzählt Oberst Karl Müller 
in der „Neuen Zürcher Zeitung". „Ohne Humor wäre der Krieg nicht auszuhalten! 
Ein Major erzählte mir u. a. von einem musikalischen Feldwebel seines Bataillons, 
einem Manne von unübertrefflicher Einfachheit des Denkens und Handelns. Eines 
Sonntags war Gottesdienst für die Truppe in der Kirche angesagt worden. Eine 
Kompagnie hatte den Auftrag, für das Kirchengeläute und für einen passenden Chor 
gesang zu sorgen. Der Feldwebel läßt seine Kompagnie antreten, ruft „alle musikalischen 
Leute vor die Front"! „Drei Mann vom rechten Flügel zum Glockenläuten komman 
diert." — „Uebrige numeriert euch!" — „Nummer 1—10 erster Tenor, 11—20 zweiter 
Tenor, 21—30 erster Baß, 31—40 zweiter Baß, übrige eintreten!" Der so ausgezogene 
Kirchenchor soll seine Sache ganz samos gemacht haben." 
Die Kämpfe im Zentrum der Schlachtftont 
Chronologische Uebersicht nach den deutschen Generalstabsmeldungen 
Die wichtigeren französischen amtlichen Meldungen sind zur Ergänzung beigegeben. 
3. Mai 1915. 
In der Champagne richteten wir durch erfolgreiche Minensprengungen erheblichen 
Schaden in der feindlichen Stellung zwischen Souain und Perthes an.
	        
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