Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

44 Das Deutsche Reich während des zweiten Kriegshalbjahres 
dabei die starke Unternehmungslust im Handel, abgesehen von den Banken, auf, wo im 
zweiten Halbjahr 1914 92,27 Millionen Mark gegenüber 30,11 Millionen Mark im 
ersten Halbjahr desselben Jahres für Neuinvestierungen beansprucht wurden. Auch das 
erste Halbjahr 1915 hat mit 68,16 Millionen Mark eine sehr hohe Neuinvestierungs 
summe gebracht. Des weiteren nahmen umfangreiche Neuinvestierungen die Montan 
industrie, das Ledergewerbe, das Verkehrsgewerbe und die Gruppe Eisen, Metalle und 
Maschinen vor. Die Gesamtsumme der gewerblichen Neuinvestierungen der Aktiengesell 
schaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung betrugen im ersten Halbjahr 1914:628,26, 
im zweiten Halbjahr 1914: 325,31 und im ersten Halbjahr 1915: 208,29 Millionen Mark. 
Es verlohnt, auch einen Blick auf die durchschnittlichen Geschäftsergebnisse 
der einzelnen Gewerbszweige zu werfen; allerdings wird man sich hierbei nur auf die 
Resultate des Geschäftsjahrs 1914 beschränken müssen, da die Abschlüsse für das Jahr 
1915 bei Abfassung dieser Uebersicht noch nicht vorlagen. Eine nicht unerhebliche Zahl 
von Betrieben, die besonders mit Kriegslieferungen bedacht wurden, hat ganz außer 
gewöhnliche Gewinne erzielt. So stiegen z. B. die Dividenden der Aktiengesellschaften: 
Berliner Dampfmühlen von 0 auf 8°/ 0 , Lederfabrik Spicharz von 5 auf 12°/«, Mannes 
man» von 10 auf 15%, Gladbacher Textilwerke von 0 auf 15 %, Bremer Rolandsmühle 
von 11 auf 170/0, Hermannsmühle, Posen von 9 aus 18%, Oberschlesische Schießwollfabrik 
von 10 auf 25 0/0, Ludwig Löwe von 18 auf 30°/ 0 und der Sprengstoffwerke „Glückauf" von 0 
auf 40 0/0. Dabei muß man sogar noch berücksichtigen, daß die Gewinne oft noch weit höhere 
gewesen sind, als sie in der veröffentlichten Bilanz erscheinen, da man ein Interesse daran 
hatte, in dieser Hinsicht nicht gar zu sehr die Karten aufzudecken. Die Wittener Walz 
mühle hat z. B. bei zehnfacher Abschreibung und sechsfachen Rücklagen gegen das Vor 
jahr ihre Dividende von sechs auf zehn Prozent gesteigert. Und eine Waffensabrik 
schreibt in ihrem Bericht, die Dividende sei niedrig gehalten worden, „um nicht die Be 
gehrlichkeit der Abnehmer in bezug auf die Preise und die Begehrlichkeit der Arbeiter 
in bezug auf die Löhne zu steigern". Aber man darf nicht verallgemeinern, denn wenn 
man genauer hinsieht, entdeckt man, daß unter den etwas mehr als fünftausend Aktien 
gesellschaften es nur einige Hundert sind, die so in die Augen stechende Gewinnziffern 
aufweisen können. Im Durchschnitt sind die Gewinnzahlen gegen das Vorjahr 
zurückgegangen. Bei 8386 Gesellschaften, die ihre finanziellen Ergebnisse mit dem 
Geschäftsjahre zuvor vergleichbar veröffentlicht haben, sank die Dividende von 8,96 % 
für das Jahr 1913 auf 6,74 für das Jahr 1914. Das ist ein Rückgang von 2,22 %. 
In den einzelnen Gewerbezweigen stellte sich der durchschnittliche Dividendenzuwachs 
oder Rückgang, soweit Aktiengesellschaften dabei in Frage kommen, die im März 1915 
ihren Abschluß für das Geschäftsjahr 1914 veröffentlicht hatten, wie folgt: Nahrungs 
und Genußmittelindustrie (im Jahre 1913 6,05 %) im Jahre 1914 7,2 %, Elektrizitäts 
und Gasgesellschaften (7,3%) 7,4%, Eisen und Metalle (8,1 °/ 0 ) 8,1%, Maschinen 
industrie (11,4%) 9,5%, Bergbau und Hüttenindustrie (16,0%) 11,204,, Steine und 
Erden (10,0 °/ 0 ) 5,5%, Papiergewerbe (3,2%) 0,4%, Graphisches Gewerbe (7,5%) 5,6%, 
und die Gasthaus- und Erquickungsgewerbe (4,0 %) 1,9 °/ 0 . Allerdings sind bei der Ge 
winnberechnung von den meisten Betrieben größere Abschreibungen als in den Vorjahren 
und besondere Rückstellungen angesichts der gesamten Kriegslage vorgenommen worden. 
Durch allgemeine Preiserhöhungen, die bis zu einem gewissen Grade durch 
den eintretenden Mangel an Rohstoffen gerechtfertigt waren, versuchte man die Gewinn 
möglichkeiten zu erhöhen. Dabei sind oft wucherische Ausschreitungen vorgekommen. 
Am meisten fielen die Preistreibereien in der Lederindustrie und in den Leder 
verarbeitenden Gewerbszweigen auf. Hier handelte es sich um mehrere Hundert Pro 
zent, um die die Preise der Lederindustrie ganz plötzlich hinaufschnellten. Nach den Ende
	        
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