Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Das Deutsche Reich während 
des zweiten Krtegshalbjahres 
Fortsetzung von Band III, S. 1 bis 44. 
Das deutsche Volk und die achte Kriegserklärung 
Von AlfonS Paquet 
Woher diese Ruhe in den Gesichtern, die säst etwas von Gleichgültigkeit haben für 
den, der nicht weiß, was dieser Tage in den Gemütern vor sich geht? Man begegnet 
den Bekannten, man spricht von der achten Kriegserklärung, die uns jetzt bevorsteht. 
Wir besprachen sie gestern und vor acht Tagen, wie wir sie heute besprechen, nur daß 
wir sie gestern noch nicht ganz für möglich hielten. War das der Dreibund? Er war 
also wirklich nichts weiter als eine malerische Angelegenheit. Es gibt viele unter uns, 
die als Knaben zuerst von diesem Dreibund eine Vorstellung erhalten haben durch die 
Deckel der Zigarrenkisten, aus denen in grellem Buntdruck die drei Staatsoberhäupter 
abgebildet waren. Wir behandelten immer die Italiener freundlich, die in ganzen Kolo 
nien in Deutschland lebten, als Arbeiter bei unseren Bahnbauten, als Musikanten, Hand 
werker und Kleinhändler in unseren Städten. Meist bescheidene, einfache und genügsame 
Leute, die wie daheim von ihrer Polenta lebten, die z. B. in Frankfurt ganze Höfe der 
Altstadt bewohnten und rührend zusammenhielten. Sie haben nun auch ihr Bündel ge 
schnürt und sind kleinlaut fortgezogen. Und nun hat der große Krieg, dieser entschiedene 
Ordner und Erneuerer der Dinge, es dahin gebracht, daß der Bundesgenosse, den wir 
gegen die Stimme des Verstandes in unserem Herzen mehr als einmal für einen falschen 
Freund gehalten haben, die Stunde unserer Bedrängnis aufsucht, um anderthalb Millionen 
neuer Soldaten gegen unsere Bundesgenossen und somit auch gegen uns marschieren zu 
lassen. Er kommt, um uns zu hindern mitten in unserer gewaltigen Kriegsarbeit, wo 
wir durch das Gestrüpp aus allen Fronten mit Riesenschritten der Entscheidung entgegen 
waten und den Sieg erkämpfen. In der Stunde, wo das unerschütterliche Bewußtsein 
unsrer guten Sache und unseres Sieges zusammenklingt mit diesem blütenreichen, warmen 
Frühling. 
Wir sehen prüfend in die Gesichter der Männer, der Jünglinge und der Alten, die 
uns aus der Straße begegnen. Wir finden wohl den Ernst dieser Zeiten in den Mienen, 
aber nirgends eine Spur von Unruhe. Die Straßen zeigen ihr gewohntes Leben. Kaum 
daß vor den Häusern der Zeitungen eine kleine Menge wartet, als das einzige Zeichen 
der Ungeduld, die da und dort verspürbar ist. Man entfaltet und liest die Blätter im 
Gehen. Wir sind ja jetzt gewohnt, mit den Zeitungsblättern in der Hand zu leben. 
Die neuen Nachrichten aus Italien würden in ruhigeren Zeiten die Gemüter zum Auf 
brausen bringen. Jetzt lassen sie uns vollkommen ruhig. Nur ein neues Gefühl gesellt 
sich den alten hinzu, ein Gefühl der Verwunderung und der Verachtung. Man liest mit 
Aufmerksamkeit und mit Kopsschütteln das Nähere über die Vorgänge in den italienischen 
Städten, über die Reden, über das eigentümliche Verhältnis zwischen dem Volk, das in 
seiner Seele den Krieg nicht will, und der Regierung, die ihn haben will um jeden Preis. 
Das alles ist so theatralisch, so windig, so „romantisch". Es ist gar nicht mit der ruhigen, 
einfachen Opfergebärde zu vergleichen, mit der das deutsche Volk die Last des Krieges 
auf sich nahm. Alle diese phantastischen, giftigen und dabei so hohlen Redensarten, die 
zu uns dringen, untermischt mit den gotteslästerlichen, schwülstigen „Seligpreisungen" 
eines eitlen Literaten, werden von dem einfachen Volk bei uns überhaupt nicht verstanden. 
Völlerlrieg. vH. 1
	        
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