Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Der Vatikan 
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Ueber die Gründe dieses Entschlusses hat sich Fürst Schönburg nach der „Politischen 
Korrespondenz" folgendermaßen geäußert: „Vor allem hat der Heilige Stuhl die seiner 
zeit von Italien geschaffenen Garantiegesetze, die praktisch die einzige Grundlage für ein 
Verbleiben der Botschaft in Rom gebildet hätten, niemals anerkannt (vgl. S. 309); dann 
war nicht einmal in der entferntesten Weise eine Sicherheit dafür geboten, daß die Ge 
sandten in der Praxis während der Kriegsdauer jene Freiheiten hätten genießen können, 
die zur Erfüllung der Amtsgeschäfte unerläßlich sind. So war für die Kriegsdauer im 
besonderen die Unterbindung des freien Kurier-, Post- und Chiffreverkehrs zu gewärtigen 
— und zwar gleich vom Beginn des Kriegs angefangen, wofür die K. u. K. Regierung 
den Beweis in Händen hat. Schließlich hätte das Verbleiben der Gesandten in Rom 
der Presse in Italien beständigen Anlaß zu weiteren Hetzereien gegeben, in die dann 
natürlich der Heilige Stuhl selbst hineingezogen worden wäre, was doch vor allem anderen 
zu vermeiden war." 
Der Papst ließ dem Fürsten Bülow, bei seinem Scheiden aus Rom (vgl. S. 303) 
wie die „Kölnische Volkszeitung" mitteilt, ein eigenhändiges herzliches Schreiben zugehen, 
in dem er die großen Verdienste hervorhebt, die sich der Fürst besonders in den schweren 
Monaten seiner römischen Tätigkeit um sein Vaterland erworben habe. 
Der amtliche Verkehr zwischen der österreichisch-ungarischen Regierung und dem 
Heiligen Stuhl wird nunmehr durch den am K. u. K. Hofe beglaubigten päpstlichen 
Nuntius in Wien, Msgr. R. Conte Scapinelli, vermittelt, der, obwohl von Geburt 
Italiener, doch ebenso wie der päpstliche Nuntius in Deutschland, Msgr. Dr. Frühwirth 
in München, und das gesamte teilweise aus Italienern bestehende Personal der beiden 
Nuntiaturen als Vertreter einer neutralen Macht betrachtet wird. 
Kundgebungen und Maßnahmen des Heiligen Stuhls 
Besondere Maßnahmen für die an den Kämpfen Beteiligten. 
8. Dezember 1914. 
Der Papst hat sich, wie „Osservatore Romano" schreibt, vertraulich an die Staats 
oberhäupter der kriegführenden Mächte gewandt, um zu erfahren, wie sie den Vor 
schlag einer eintägigen Waffenruhe während des so teueren und feierlichen Weih 
nachtsfestes aufnehmen würden. Alle befragten Mächte antworteten, daß'sie den 
erhabenen Geist der päpstlichen Initiative hoch einschätzten; die Mehrzahl gab ihre 
Zustimmung kund. Indessen, da einige Mächte glaubten, den Vorschlag nicht praktisch 
unterstützen zu können, konnte er nicht verwirklicht werden; denn die Einmütigkeit der 
Zustimmung wäre notwendig gewesen, um das von dem Vaterherzen des Papstes erwartete 
wohltätige Ergebnis zu erreichen. Während Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Türkei 
sofort zustimmten, lehnten Rußland und Frankreich den Vorschlag ab. (Vgl. III, S. 190.) 
32. Dezember 1914. 
„Osservatore Romano" veröffentlicht ein Dekret, wonach der Papst lebhaften Anteil an 
den Aengsten der vielen unglücklichen Kriegsgefangenen und ihren Familien nimmt 
und diesen jede mögliche Beihilfe und Erleichterung zu bringen wünscht. Die Bischöfe 
derjenigen Diözesen, in denen sich Kriegsgefangene befinden, sollen deshalb baldmöglichst 
je nach Bedarf einen oder mehrere Priester bezeichnen, die die in Frage kommende 
Sprache genügend beherrschen oder sich solche von anderen Bischöfen erbitten. Diese 
Priester sollen versuchen, den Gefangenen in den vielfachen Nöten zu helfen. Sollten 
die Gefangenen ihren Familien noch keine Nachricht haben zugehen lassen, so sollen sie 
durch die Priester dazu angehalten werden. Falls die Gefangenen dazu nicht imstande 
sind, sollen die Priester es in deren Namen tun, und alles versuchen, damit diese 
Nachrichten auch in die Hände der Adressaten gelangen.
	        
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