Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Italien als neutraler Staat von August 1914 bis Anfang Mai 1915 269 
1. Januar 1915 an gerechnet, rückzahlbar ist und mit 4Vs Prozent verzinst wird. 
Aber trotz des im Vergleich mit der lausenden Rente günstigen Preises von 97 Lire und 
der um IV2 Prozent höheren Verzinsung konnten nur zirka 700 Millionen Lire unter 
gebracht werden, von denen der größte Teil von den Großbanken aufgenommen wurde, 
während sich die kleinen Sparer fast gänzlich fern hielten. Mitte März 1915 hat dann 
die Regierung mit Hilfe führender Banken in N e w Jork 25 Millionen Dollars italie 
nischer Schatzscheine emittiert und Anfang Mai 1915 einen Beamten des Finanzmini 
steriums nach London entsandt zur Verhandlung über eine große Anleihe. 
Im Laufe des Jahres 1915 verschlechterten sich die finanziellen Verhältnisse Italiens 
noch weiter, was nicht nur durch das mehr als 10 proz. Disagio der italienischen 
Währung gekennzeichnet wurde, sondern auch durch den Kurs der 4Vs proz. Rente, der 
um 1 Prozent unter den Emissionskurs gesunken war. 
Von den Moratoriumsdekreten der Regierung hatte das erste von Anfang August 
1914 für die Wechsel nur eine Prolongierung von zwanzig Tagen bewilligt, das zweite Dekret 
vom 20. August hat eine Prolongierung um weitere vierzig Tage von einer Teilzahlung 
von 15 Prozent des Wechselbetrages abhängig gemacht und das dritte Dekret vom 
28. September hat bei einer Verlängerung des Moratoriums um drei Monate die monat 
liche Teilzahlung aus 20 Prozent erhöht, so daß also tatsächlich beim Ablauf dieser 
Moratoriumsperiode die meisten Wechselschuldner bereits 75 Prozent ihrer Wechsel bezahlt 
hatten. Nachdem das Moratorium dann nochmals bis 31. März 1915 verlängert worden 
war wurde es nach Ablauf dieser Frist für Wechsel und Depositengelder nicht mehr ver 
längert. Die Verfügung über den Schluß der Börsen und das Verbot der Termin 
geschäfte erhielt dagegen bis zum 30. Juni 1915 Geltung. Ferner wurden alle Be 
schränkungen für die Rückzahlung von Einlagen bei den Postsparkassen aufgehoben. 
Die Handelsbilanz Italiens ist passiv, d. h. das Land führt stets mehr ein als es 
ausführt. An erster Stelle sowohl als Abnehmer wie auch als Lieferant stand nach 
italienischen Tabellen Deutschland, woraus England und darnach Oesterreich-Ungarn folgten. 
Aus der am 15. Februar 1915 erschienenen offiziellen Statistik über den italienischen 
Außenhandel im Jahre 1914 ist nach der „Frankfurter Zeitung" bei weitem als inter 
essanteste Tatsache herauszulesen, daß, während mit sämtlichen Ländern der italienische 
Außenhandel in beiden Positionen entschieden abgenommen hat, die Ausfuhr nach Eng 
land allein die beträchtliche Steigerung von 260 auf 311 Millionen Lire aufweist, ein 
Beweis dafür, wie England es versteht, die gewerbliche Erzeugung der neutralen Länder 
für seinen Kriegsbedarf heranzuziehen. Hervorzuheben ist namentlich die Steigerung der 
Ausfuhr italienischer Gummireifen für Automobile von 5 aus 31 Millionen Lire, also 
auf mehr als das Sechsfache, sowie von Hanf (für Gewebe zu Militärzwecken, wie Zelt 
stoffe) von 10 auf 21 Millionen Lire. Gleichwohl zeigt die Ausfuhr in ihrer Gesamt 
summe einen Rückgang von 2512 auf 2218 Millionen Lire. 
Weit größer ist der Ausfall bei der Einfuhr, die bereits im Vorjahr von 3702 auf 
3646 Millionen Lire zurückgegangen war und jetzt weiter auf 2882 Millionen Lire oder 
um 764 Millionen abnahm. Am stärksten wurden die Getreide- und Kohleneinfuhr von 
der Störung im Ueberseeverkehr betroffen. Die Folgen davon waren Teuerung und 
Ausstände, die Ursachen aber die Taktik der Ententemächte, vor allem der Engländer, 
den zentralen Kaiserreichen die Bezugsquellen ihrer Kriegs- und Lebensbedürfnisse plan 
mäßig abzugraben und die Neutralen durch fortgesetzte Erschwerung ihres Handels dem 
Willen der Entente gefügig zu machen. 
Als England durch die Bestimmung vom 29. Oktober 1914 (vgl. III, S. 301) erklärte, 
in Zukunft auch die nach neutralen Ländern gehende relative Kriegskonterbande mit Beschlag 
zu belegen, zeigte die italienische Regierung größtes Entgegenkommen durch einen Erlaß vom
	        
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