Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Von der Kampfesweise der russischen und der verbündeten Truppen 241 
Auch die revolutionäre Propaganda in der russischen Armee nahm mehr und 
mehr zu. Das beweist ein Geheimerlaß des Stellvertreters des Generalquartiermeisters 
Oberst Pososkow, der in die Hände der österreichisch-ungarischen Heeresleitung fiel. 
Darin wird darauf aufmerksam gemacht, daß die in Rußland wohnenden Juden und 
Agitatoren der verschiedenen politischen Richtungen, unter den Truppen Aufrufe zu 
verbreiten versuchten, in denen die Truppen aufgefordert werden, ihre Feldstege über den 
Feind der ganzen Welt auszunützen und an die russische Regierung die Aufforderung zur 
Verwirklichung der von den revolutionären Parteien aufgestellten Grundideen zu richten. 
Was in ehrlichem Kampfe nicht erreicht werden konnte, wird mit verbotenen Mitteln 
zu erzwingen versucht. Die Fälle, daß russische Soldaten oder Patrouillen österreichisch 
ungarische Uniformen oder Frauenkleider benutzten, um den Gegner zu überfallen, 
kamen immer wieder vor und nötigten das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando 
wiederholt zu erklären, „daß selbst die größte Anzahl solch verkleideter Feinde, die uns 
in die Hände fallen, die sofortige standrechtliche Behandlung aller auch in Zukunft nicht 
hindern wird." 
Dum-Dum-Geschosse fanden fortgesetzt Verwendung. Russische Soldaten, in 
deren Gewehren unabgeschossene Patronen mit abgeschlissenen Geschoßspitzen gefunden 
wurden, gaben bei ihrer Vernehmung nach der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" 
unter Eid an, „ihr Kompagniesührer Leutnant Schorkunow habe seinen Leuten befohlen, 
daß sie bei allen Patronen, die sie beim Gefecht verwendeten, die Spitze abkneifen sollten, 
damit größere Wunden entständen. Die gewöhnlichen Patronen machten zu leichte Ver 
letzungen, so daß die verwundeten Deutschen zu schnell wieder gesund würden. Die 
Patronen, die sie in ihren Patronentaschen hätten, sollen sie aber nicht abkneifen, dagegen 
alle, die im Schützengraben in Blechkisten aufbewahrt wurden. Sie hätten also die in 
diesen Kästen befindlichen Patronen mit den Scheren, die sonst zum Zerschneiden der 
Drahtverhaue dienten, abgekniffen und damit tagelang die Deutschen beschossen. Auch 
die anderen Kompagnien hätten so gehandelt." 
Dazu bemerkt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Die russischen Offiziere und 
Soldaten waren sich bei ihrem Vorgehen nicht im unklaren darüber, daß sie eine vom 
Völkerrecht verbotene Handlung begingen. Das beweist die von den Soldaten befolgte 
Anordnung, daß sie für den Fall der Gefangennahme, unverfängliche Patronen in ihren 
Patronentaschen mit sich führten und nicht diese, wohl aber die abgekniffenen Geschosse 
verwendeten. Es handelt sich um ein im höchsten Grade raffiniertes Verbrechen gegen 
das Kriegsrecht, um eine unmenschliche Handlung, die vielen deutschen Soldaten unsäg 
liche Qualen und Leiden bereitet hat. Denn die Wirkung derartig zubereiteter Ge 
schosse, die beim Aufprall auf Knochen und Fleisch zersplittern und ungeheure Wunden 
verursachen, ist fürchterlich. Diese Wirkung haben jene Unmenschen, die ihren Unter 
gebenen derartige Befehle gaben, und jene Soldaten, die solche Befehle ausführten, be 
absichtigt und vorausgesehen." 
Aber nicht genug damit. Es ist auch ein neues russisches Jnsanterie-Explosions- 
geschoß verwendet worden, dessen Wirkung noch weit schlimmer ist als die des Dum- 
Dum-Geschosses. Darüber berichtet der Jenaer Professor Riedel in der „Deutschen 
Medizinischen Wochenschrift" folgendes: „Bei den Franzosen ist in den Berichten unserer 
Obersten Heeresleitung wiederholt die Benutzung von Jnfanterieexplostonsgeschoffen er 
wähnt worden. In neuester Zeit wurde aber auch aus den Karpathen ein Verwundeter 
eingeliefert, der unzweifelhaft von einem Explostonsgeschoß getroffen war, und später 
hat man dann derartige Geschosse massenhaft aus dem Schlachtfelde und bei gefangenen 
Russen gefunden. Als man den letzteren die Niederträchtigkeit dieses Geschosses vorhielt, 
waren sie ganz erstaunt; sie wüßten nicht, was ihre Patronen enthielten. „Derartige 
Völkerkrieg. VI. 16
	        
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