Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

200 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 
die Flieger die Magazine in der Czarnieckigasse mit zahlreichen Bomben belegten. 
Am 1. Juni vernahm man Kanonendonner, der sich immer mehr dem Stadtbereiche 
näherte. Die Russen stellten in der Vorstadt Zniesienie und Wilcze sowie auf der Lem- 
berger Chaussee Geschütze auf und beschossen die Positionen der Verbündeten bei Pral- 
kovce, jedoch, wie sich zeigte, ganz erfolglos, weshalb sie das Artilleriefeuer einstellten. 
Es hieß, daß die Russen die Absicht halten, die Festung bis zum äußersten zu ver 
teidigen und es gegebenenfalls auch auf einen Straßenkamps ankommen zu lassen. Dem 
gemäß wurde die Geschützaufstellung in der Slowacki- und Miekiewiczgasse sowie im 
Zontakgarten nächst dem Bahnhof angeordnet. Im letzten Augenblick trat aber eine 
Aenderung in den Dispositionen ein, worauf die Russen schleunigst Vorbereitungen 
für den Rückzug trafen. In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 1915 sah man die ver 
bündeten Truppen vom jenseitigen Sanufer heranrücken. Als diese in den Morgenstunden 
in Przemysl einzogen, kam ihnen die Bevölkerung jubelnd entgegen. Bereits am 4. Juni 
übernahmen die Militärbehörden der Verbündeten die Verwaltung der Stadt." 
Von den Kämpfen in der Bukowina von Anfang 
Mai bis Anfang Juni 1915 
Unmittelbar nach dem Durchbruch der verbündeten Truppen bei Gorlice versuchten die 
Russen sich durch ein Manöver an der östlichen Front aus ihrer bedrängten Lage zu 
befreien: ein entscheidender Vorstoß gegen den rechten Flügel der Verbündeten sollte 
deren bedrohliche Offensive im Nordwesten von Galizien aufhalten. Die Russen waren 
damals bereits aus einem großen Teil Ostgaliziens und aus der ganzen Bukowina vertrieben 
worden. Ihre Front begann nach einer zusammenfassenden Darstellung der „Frankfurter 
Zeitung", „Ansang Mai 1915 östlich von dem am linken Ufer des Pruth gelegenen Dorfe 
Mahala in der Nähe von Bojan und führte den Waldhöhen an der Grenze der 
Monarchie gegen Rußland entlang bis zum Dnjestr, dann am rechten Ufer des Stromes 
bis nach Obertyn und Ottynia (vgl. die Karte S. 75). Bei Zalesczcyki hatten die 
Russen einen festungsartigen Brückenkopf ausgebaut, der den Uebergang unserer Truppen 
über den Dnjster verhindern sollte; am 9. Mai 1915 war aber dieser Ort erstürmt, der 
Dnjster überschritten und das Gelände noch einige Kilometer nordwärts durch Vortruppen 
aufgeklärt worden. Die Russen zogen sich fluchtartig zurück. Eine Besetzung des linken 
Ufers des Dnjestr war jedoch vorerst nicht in Aussicht genommen, weil der Besitz des 
Brückenkopfes zur Beherrschung eines großen Teiles dieser Linie genügte. 
Gleichzeitig leiteten die Russen nordöstlich von Czernowitz eine Offensive ein, indem 
sie hier mit sehr starken Kräften einen Durchbruch versuchten. Der Angriff richtete sich 
hauptsächlich gegen die österreichisch-ungarischen Stellungen bei Mahala und am süd 
lichen Ufer des Pruth in der Nähe der rumänischen Grenze. Ein Erfolg dieses Flanken 
angriffs hätte die am Dnjestr stehenden Truppen der Verbündeten von denen am Pruth 
abgeschnitten. Am 9. Mai begann der Angriff, der an den zwei nächsten Tagen wieder 
holt wurde. Unter ungeheuren Menschenopfern arbeiteten sich die Russen an einigen 
Punkten bis an die österreichisch-ungarische Stellung heran; es kam sogar zu Nahkämpfen 
im Schützengraben. Da aber die Artillerie der ^Verbündeten den Nachschub russischer 
Reserven verhinderte, wurden die Russen, die sich zu weit vorgewagt hatten, aufgerieben 
oder gefangen. Daraufhin gaben die Russen diesen Versuch auf und unternahmen zum 
Teil mit Streitkräften, die sie noch während der letzten Gefechtstage am Pruth nach 
Norden gesandt hatten, einen Angriff, der zur Erzwingung des Ueberganges über den 
Dnjestr führen sollte. Vermutlich sind aber die russischen Verstärkungen zu spät ein 
getroffen, sonst wäre damals wohl auch Zalesczcyki nicht gefallen, da man die frischen 
Truppen leicht hätte dorthin werfen können.
	        
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