Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der oberen Weichsel u. der Reichsgrenze bis zur Wiedereroberung vonPrzemysl 195 
„Das so dicht am Feinde liegende 10. Korps hielt/ wie aus dem K. und K. Kriegs- 
preffcquartier nach den Mitteilungen von Augenzeugen ergänzend mitgeteilt wird, „die 
Besatzung nunmehr ständig in Atem. Mittlerweile vollzog sich die Einschließung der 
Festung im Süden und bald auch im Norden. Gegen Ende Mai 1915 kam allgemach die 
schwere Artillerie der Verbündeten heran, deren Vormarsch durch die Zerstörung aller 
Brücken beträchtlich verzögert worden war. Kaum waren beim 10. Korps einige schwere 
Batterien eingetroffen, als das Bombardement, insbesondere gegen das hartbedrückte 
Fort Pralkovce begann. Als sich dessen Wirkung zeigte, setzte die Infanterie zum Sturme 
an und nahm das Werk am Abend des 29. Mai. Als Pralkovce gefallen war, wurde von 
den Russen die gesamte Reserveartillerie der Festung und alles Geschütz, das an den anderen 
Fronten entbehrlich war, herangezogen und zur Abwehr in Tätigkeit gesetzt. Bald ergoß 
sich ein dichter Hagel von Geschossen auf Pralkovce, so daß ein Verbleiben in dem Werke 
unmöglich wurde. Die Infanterie mußte zurückgezogen werden, setzte sich aber wieder in 
den höheren Stellungen vor den Hindernissen fest und vereitelte den Versuch der Russen, 
das Werk wieder zu nehmen. So blieb die Wunde, die in den Festungsgürtel geschlagen 
worden war, offen, und die Russen mußten Massen ihrer Artillerie stets bereithalten, 
um jeden Versuch eines neuerlichen Einbruchs wirksam bekämpfen zu können." 
Auch über den eigentlichen Sturm auf die Festung enthalten die Mitteilungen aus 
dem K. und K. Kriegspressequartier interessante Einzelheiten, die den vorstehend 
wiedergegebenen Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier erläuternd ergänzen. 
Sie erzählen nach der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" folgendes: „Als auch 
vor der Nordfront, wo die bayerische Division des Generalleutnants Kneußl ver 
stärkt durch preußische Garde, ein preußisches Infanterieregiment sowie das Fußbataillon 
einer Honvedkavalleriedivision nach dem Sieg bei Radymno den Raum bis zum San 
abschloß, schwere Artillerie eingetroffen war, begann am 30. Mai 1915 mittags die 
Beschießung des Abschnittes zwischen Ujikowice und Dunkowice, in dem sich die Werke X 
(Ujikowice), X», XI», XI (Dunkowice) nebst etlichen Zwischenwerken befanden. Vom 
zwerghaften Gebirgsgeschütz bis zum 42er Riesen traten hier alle Kaliber der öster 
reichisch-ungarischen und deutschen Artillerie in Tätigkeit. Mit unheimlicher Genauigkeit 
und Wirkung bearbeiteten die Feuerschlünde den Abschnitt, namentlich aber die Werke 
X», XI» und XI. Die Arbeit wurde wesentlich dadurch gefördert, daß die Russen nur 
verhältnismäßig wenig Artillerie entgegenstellen konnten, war doch das Gros an der 
Südwestfront durch das 10. Korps gebunden. Uebrigens hielten die Russen den 
Angriff gegen diesen stärksten Teil des Gürtels für eine Demonstration, die nur 
die Aufmerksamkeit von der Südwestfront ablenken sollte. Die Befestigungen, nament 
lich die Hinderniszone, waren so stark, daß die Beschießung am 31. Mai fortgesetzt 
werden mußte. Doch hatte sich die Infanterie während der Nacht nahe an die Stellungen 
herangearbeitet. Am Mittwoch den 31. Mai trat eine Feuerpause ein. Ein preußischer 
Unteroffizier schlich sich aus der Deckung gegen das Werk XI» vor, um die Wirkung 
des Bombardements zu erkunden. Er fand mehrere Breschen in den Hindernissen und 
merkte beim Vorgehen, daß die Schießscharten unbesetzt waren. Rasch eilte er mit 
mehreren herbeigewinkten Soldaten vor und erkletterte die Brustwehr. Die Russen waren 
während der fürchterlichen Beschießung aus den Werken in rückwärtige Stellungen 
zurückgegangen. Als die Feuerpause eintrat, eilten sie wieder in ihre Stellungen. Der 
Unteroffizier aber hatte mit seinen wenigen Leuten bereits die Brustwehr erklettert. Vor 
den drohend angeschlagenen Gewehren stutzten die Russen, einzelne warfen die Waffen 
weg und hoben die Hände hoch. Mittlerweile hatten aber auch die nächsten Kompagnien 
das Vorgehen der kleinen Gruppe bemerkt und stürmten herbei. Im Nu waren die 
Stellungen voller Angreifer, die der russischen Gegenwehr in kurzem heftigem Kampfe ein
	        
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