Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der oberen Weichsel u. der Reichsgrenze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 193 
Die Wiedereroberung von Przemysl vom 30, Mai bis 3. Juni 1913 
Die zusammenfassenden Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier 
7. Juni 1915. 
Als am 2. Mai 1915 die Offensive der Verbündeten in Westgalizien einsetzte, mochten 
wohl nur wenige ahnen, daß schon vier Wochen später die schweren Belagerungs 
geschütze der Zentralmächte das Feuer aus Przemysl eröffnen würden. Die russische 
Heeresleitung war für diese Möglichkeit kaum vorbereitet und schwankte hin und her, 
ob sie die Festung, wie ursprünglich geplant, „aus politischen Gründen" halten oder 
„freiwillig räumen" sollte. Unsere Flieger meldeten fortwährende Hin- und Hermärsche 
aus der Festung. Am 21. Mai schien man sich zur Räumung der Festung entschlossen 
zu haben, trotzdem wurde sie acht Tage später noch zäh verteidigt. 
General v. Kneußl schob die Einschließungslinie seiner bayerischen Regimenter von 
Norden her immer näher an die Festung heran. Am 29. Juni um 11 Uhr vormittags 
begannen die schweren Batterien die Bekämpfung der Forts der Nordfront. In der Nacht 
vom 30. zum 31. Mai rückte die Infanterie bis an die Drahthindernisse vor und wartete 
die Wirkung der schweren Artillerie ab. Diese bannte die Verteidiger in die Unterstände, 
so daß unsere Infanterie aus ihren Schützengräben heraustreten und von der Brust 
wehr aus dem gewaltigen Schauspiel der Vernichtung zusehen konnte. Die leichteren 
Geschütze fanden in den von den Russen seinerzeit ausgebauten Batteriestellungen ihrer 
damaligen Einschließungsstellung eine ideale Aufstellung. Auch General v. Kneußl fand 
mit seinem Stabe und denjenigen der Artillerieführer in den von den Russen bei Batycze 
angelegten Beobachtungsstellen die beste Unterkunft. Von diesem nur wenig mehr als 
zwei Kilometer von der Frontlinie entfernten Punkte übersah man die ganze Front der 
Forts X bis XI, 
Am 31. Mai, nachmittags 4 Uhr, schwiegen die schweren Geschütze, gleichzeitig trat 
die Infanterie (bayerische Regimenter, ein preußisches Regiment und eine österreichische 
Schützenabteilung) zum Sturme an. Die Vernichtung der Werke und ausgebauten Stütz 
punkte der Festung durch das schwerste Artilleriefeuer hatte auf die Besatzung einen 
derartig zersetzenden und niederschlagenden Eindruck gemacht, daß diese nicht imstande 
war, der angreifenden Infanterie nachhaltigen Widerstand zu leisten. Die Besatzung der 
Werke (Xa, XI a und XI), soweit sie nicht verschüttet in den zerschossenen Kasematten 
lag, floh unter Zurücklassung ihres gesamten Kriegsgeräts, darunter einer großen An 
zahl neuester leichter und schwerer russischer Geschütze. Dem Angreifer, der bis zur 
Ringstraße vorstieß und sich dort eingrub, antwortete der Feind nur mit Artillerieseuer, 
unternahm jedoch in der Nacht keinerlei Gegenangriffe. Am 1. Juni führte der Feind 
einzelne Bataillone zum Gegenangriff vor; diese Angriffe wurden mühelos abgewiesen. 
Die schwere Artillerie kämpfte nunmehr die Forts X und XII nieder. Das preußische 
Infanterieregiment Nr. 45 erstürmte im Verein mit bayerischen Truppen zwei östlich 
von Fort XI gelegene Schanzen, die der Feind zähe verteidigte. 
Am 2. Juni, mittags 12 Uhr, stürmte das bayerische 22. Infanterieregiment Fort X, 
in dem alle Unterstände bis auf einen einzigen durch die Wirkung der schweren Artillerie 
verschüttet waren. Das Füsilierbataillon des Augusta-Garde-Grenadierregiments nahm 
am Abend Fort XII; die Werke Xb, IX a und IXb kapitulierten. Am Abend begannen 
die Truppen des Generals v. Kneußl den Angriff in der Richtung auf die Stadt. Das 
Dorf Zurawica und die dort gelegenen befestigten Stellungen des Feindes wurden ge 
nommen. Dieser verzichtete jetzt auf jeden weiteren Widerstand. So konnten die 
deutschen Truppen, denen später die österreichisch-ungarische 4. Kavalleriedivision folgte, 
die wohlausgebaute innere Fortlinie besetzen und um 3 Uhr morgens, nachdem sie noch 
zahlreiche Gefangene gemacht hatten, in die befreite Stadt Przemysl einmarschieren. 
VöUerlrieg. VI. 13
	        
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