Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der oberen Weichsel u. der Reichsgrenze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 165 
Am heldenmütigen Widerstand des Korps Hoffmann brachen sich drei Angriffsversuche, 
überdies verleidete der linke Flügel Pflanzer-Baltin durch einen neuerlichen Vorstoß 
gegen Nadworna den Russen bald die weitere Absendung von Verstärkungen. So konnte 
die Mitte der Südarmee, dabei die 38. Honveddiviston, den entscheidenden Schlag vor 
bereiten, der am 31. Mai fiel. Die Russen wurden durchbrochen, die Sieger zogen in 
Stryj ein; Versolgungskämpfe vom 1. bis 3. Juni vervollständigten den schönen Erfolg 
und trieben die Russen an den Dnjestr zurück. 
Der weitere Verlauf des galizischen Frühjahrsfeldzugs, in dem die volle Ausnützung der 
siegreichen Schlachten bei Przemysl und Stryj erkämpft wurde, soll in einem späteren 
Kapitel behandelt werden. 
Der Auftakt zum galizischen Durchbruch 
Von Erwin Berghaus 
Durch die behaglichen Bürgerquartiere, in denen wir seit Wochen „in Ruhe" lagen, 
flog der Alarmruf, verhalten und heimlich ... Rief die Urlauber aus der Heimat zurück 
und hieß uns die Bündel zur Reise schnüren. Eine zweite Mobilmachung war das, 
aber eine lautlose, eine stille, von der niemand etwas wußte denn nur die Feldgrauen 
allein. Und nicht einmal die wußten's recht, was mit ihnen geschah. Das Geheimnis 
wob seine Schleier, von Mund zu Mund wisperten die Gerüchte. Und dann wurden 
wir verladen, ein ganzes Heer; unaufhaltsam rollte es von den Rampen — gen Deutsch 
land, nach dem Osten! 
Das war eine Fahrt, die wir nicht vergessen werden zeitlebens. Ueber den Rhein, 
ein Stück Weges den Main entlang, durch das Herz der deutschen Lande, vorbei an 
rußgeschwärzten Schloten, darüber ein heißer Atem glühte, und verwitterndem Burg 
gestein an der Bergwacht waldumfriedeter Residenzen. Zur Wartburg haben wir empor- 
geschaut und hinüber zum Denkmal der Leipziger Schlacht. Und das deutsche Volk stand 
an unserer Spur, seine Kinder zu grüßen. Die Kleinen im Arm der Mutter hoben ein 
Händchen, das winkte; die mit dem Säetuch über die braunen Schollen gingen, hielten 
den Schritt an, und die Greise entblößten das Haupt — uns zu segnen. 
Eine andere Welt umfing uns, das Land der unermeßlichen Ebenen, östlich der Elbe. 
Aus dem Weideland, auf den vom ersten Halmgrün beflaumten Aeckern stauten sich breite 
Lachen, die Pfade versumpfend, und immer neue Wasser ergossen die Wolken darein. 
Da stiegen die Kamerabilder uns vor die Erinnerung, die uns das dämmergraue, ver 
schlammte Flachland vom russisch-polnischen Kriegsschauplatz widerspiegelten. Bilder, 
wie wir sie wohl in den Zeitschriften sahen und bei deren Anblick ein gelindes Frösteln 
uns anfuhr. Ging dahin die Fahrt? Die Kriegssuppe unseres dritten Reisetages gab 
es in Posen... Aber dann steuerten wir, siehe da: südlichen Kurs, durch die Wälder 
Schlesiens, aus denen im grauenden Abend das Rehwild auf die Wiesen trat. Süd 
wärts! Da freuten wir uns, und wie Abenteuerlust packte es uns an. Kein Zweifel 
mehr, wir rollten ins Land des Bundes- und Waffenbruders, ihm den Feind, unsern 
Feind, aus den Marken zu treiben; es schien, als wären wir plötzlich uns einer frohen 
Sendung bewußt geworden, und daß wir Deutsche waren, erfüllte uns stolz. 
Als am nächsten Morgen der Trompeter ins Horn blies und die Schiebtüren auf 
knarrten, grüßten uns die Türme svon Krakau, und auf dem Bahnsteig drängten sich 
österreichisch-ungarische Soldaten, die uns den Tee kredenzten. Ein munteres Völklein, 
südländisch in seinem Gehaben und mit Uniformen angetan, deren leuchtend bunte Auf 
schläge und üppiger Medaillenbehang bei aller Kriegsmimikry ihres hecht-, seid- und 
staubgrauen Grundtons die Farbenfreude ihrer Besitzer verrieten. Schade, daß nur die 
wenigsten unserer neuen Waffenbrüder einige Brocken Deutsch verstanden; wir hörten
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.