Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Die deutschen Ueberseekreuzer 
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Luft herumfuchtelte. Wir hielten dies für eine Begrüßung. Als wir anlegten, kam 
der Pater an Bord, und rief mir zitternd gleich zu: „Machen Sie, daß Sie fortkommen! 
Neuguinea ist seit zwei Tagen englisch!" Na, Tableau, können Sie sich denken. Der 
Pater erzählte weiter, daß sechs Meilen entfernt, bei Friedrich-Wilhelms-Hafen, eng 
lische Kriegsschiffe lägen, eines derselben werde noch am selben Tage erwartet, um den 
Bewohnern von Alexishafen den Neutralitätseid abzunehmen. Diese Nachricht, so ernst 
sie war, wirkte derart verblüffend, daß wir alle laut zu lachen anfingen. Dann berichtete 
der Pater, der „Cormoran" sei bereits dagewesen. Die Engländer hätten einen Kreuzer 
von Friedrich - Wilhelms - Hasen herübergeschickt, nachdem sie diesen Platz genommen. 
Der „Cormoran" kroch prompt in einen Schlauch, gebildet aus einem gewundenen 
Nebeneingang, von überhängenden Kokospalmen beschattet, ließ keinen Rauch aufsteigen 
und verhielt sich mäuschenstill. Der englische Kreuzer steckte seine Nase in die Hafen 
einfahrt und patrouillierte den Tag über auf der Reede. Als die Dämmerung herein 
brach, dampfte der Kreuzer wieder zurück nach Friedrich-Wilhelms-Hafen und der 
„Cormoran" schlüpfte unter dem Schutz der Nacht hinaus. 
Da saßen wir also in Alexishafen, jeden Augenblick gewärtig, daß der englische Kreuzer 
wieder hereindampfen könnte. Nach kurzer weiterer Besprechung mit dem Jesuiten 
pater fuhr ich denn so rasch ich konnte, wieder in den Ozean hinaus. Ausgerüstet mit 
genügend Kohlenstoff, spielen Entfernungen keine Rolle mehr, sagte ich mir; so versuchst 
du es mal in Amerika. Ich richtete also unsern Kurs nach der Westküste Amerikas. 
Den „Cormoran" habe ich nicht wieder gesehen. Ende November 1914 näherten wir uns 
der chilenischen Küste. Zum erstenmal bekamen wir hier wieder Verbindung mit dem 
deutschen Kreuzergeschwader. Dann ging ich nach Valparaiso, bekam dort in liebens 
würdigster Weise, was ich gesetzmäßig beanspruchen konnte, aber natürlich innerhalb 
24 Stunden mußte ich wieder raus. Nur etwa dreißig Meilen waren wir von der Stätte 
der Seeschlacht entfernt, in der das deutsche Kreuzergeschwader „Monmouth", „Good 
Hope" und andere englische Schiffe versenkte (vgl. II, S. 273). Wir fingen die Funken 
sprüche auf „Alles klar zum Gefecht" und die sonstigen Signale. Ich saß die ganze 
Zeit in der Funkenbude. Die Mannschaften standen stumm aus Deck und lauschten den 
Mitteilungen; wenn wir etwas auffingen, ließ ich es den Leuten gleich sagen. Danach 
stießen wir wieder zum Geschwader. Wir hatten ein Rendezvous bei einer unbewohnten 
Felsinsel, was sehr angenehm für uns war. Dort gab es Langusten, Hummer ohne Scheeren, 
in schwerer Menge. Wir fingen an die fünfzig jeden Tag, legten sie in die Kühlräume, 
und noch Wochen hinterher gab es die feinste Hummer-Mayonnaise. 
Jetzt begann unsere beutereiche Glückszeit. Wir waren mittlerweile tieftraurig ge 
worden, weil wir immer nur Kohlen verbraucht und eigentlich nichts dafür geleistet 
hatten. Da tauchte plötzlich morgens im Nebel vor unserem Bug ein Dampfer auf. 
Wir gierig daraus los. Wir hißten das Signal: „Namen geben und Flagge hissen!" 
worauf zu unser aller Freude die englische Flagge hochging. Der Dampfer stoppte. 
Ein Prisenkommando, bestehend aus zwei Offizieren und einigen Matrosen, ging an 
Bord. Die Schiffspapiere wurden geprüft, die Ladung inspiziert. Man ermittelte, für 
wen diese bestimmt sei und ob das Schiff die Flagge zu Recht führe. Nach alldem war 
der Dampfer uns verfallen. Es war der englische Dampfer „Charcas", der haupt 
sächlich Stückgüter, Metallwaren u. dergl. führte. Unsere erste Prise. Nachdem wir 
die Besatzung mit allen ihren Privatsachen an Bord genommen hatten, wurde der 
Dampfer durch Oeffnen der Ventile und einige Schüsse zum Sinken gebracht. Kerzen 
gerade ging der „Charcas" unter. Ich habe später die ganze Besatzung des „Eharcas" 
in der Nähe von Valparaiso ans Land gesetzt, da die Küste nach der Vernichtung des 
englischen Geschwaders zurzeit nicht mehr gefährlich für uns war. Sehr ulkig war es.
	        
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