Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der 0 ft fee und der oberen Weichsel 45 
linken Flanke entzogen hatte und auf Kielmy—Szawle abgezogen war. Sofort wurde die 
rechte Kolonne ihm nachgeschickt. Sie nahm noch am Abend Kielmy, war also in zwei 
Tagen 75 Kilometer vorwärts gekommen. Die linke Kolonne hatte in dem sehr 
schwierigen, meist morastigen Gelände besonders große Anstrengungen zu überwinden, 
weshalb die Mittelkolonne sie durch einen Halblinksvormarsch unterstützte, erreichte aber 
mit Kavallerie doch schon Worny an der Seenlinie westlich von Kielmy. Der dritte Tag 
führte die rechte Kolonne bereits über den vom Feinde verteidigten Windawski-Kanal, 
die linke nach Worny und Telsze, ihre Kavallerie nach Trischki nordwestlich von Szawle. 
Fast 100 Kilometer sind nach vorwärts gewonnen. Die Russen, die in Kurland wohl 
nur Kavallerie und Reichswehr gehabt hatten, ziehen nun schleunigst mit der Bahn 
Verstärkungen heran und laden sie zwischen Szawle und Szadow aus. Aber die deutsche 
Truppenführung läßt sich dadurch nicht beirren: die Kavallerie erhält den Befehl, die 
Bahnen zu zerstören und um Szawle herumzugreifen; und es geht weiter vorwärts. 
Am Nachmittag des 30. April, des vierten Tages, zieht die rechte Kolonne in S z a w l e 
ein, das die Russen angesteckt haben, und verfolgt noch ein Stück darüber hinaus. Die 
Kavallerie erbeutet auf der Straße nach Janischki—Mitau Maschinengewehre, 
Munitionswagen und Bagagen. Sie zerstört die Bahnen südwestlich und nordwestlich 
von Szawle. Der nächste Tag bringt Nachrichten, wonach der Feind von Kowno her 
Truppen schickt, um unsere rechte Flanke zu bedrohen. Die Infanterie wird daher 
angehalten und nach rechts verschoben mit der Weisung, die Dubissa-Linie zu halten; die 
Kavallerie jedoch greift immer weiter vor. Sie besetzt nach Gefechten Janischki und 
Shagory, die nur noch sechs Meilen von Mitau entfernt liegen, und nimmt Gefangene, 
Maschinengewehre und Bagagen des in voller Auflösung nach Mitau flüchtenden 
Feindes. Am 2. Mai. kreist sie die im Zwischenraum noch stehengebliebenen Russen bei 
Skaisgiry ein und macht 1000 Gefangene. Umfangreiche Bahnzerstörungen an allen 
erreichbaren Linien gelingen nach Wunsch. Dann wird die Kavallerie der rechten 
Kolonne zurückgenommen, um den Gegenstoß an der Dubissa zu unterstützen, die der 
linken aber stößt, obwohl schon das Eintreffen russischer Verstärkungen in Mitau 
gemeldet wird, über Grünhof vorwärts, nimmt noch 2000 Russen gefangen und steht am 
3. Mai mit Teilen zwei Kilometer vor Mitau. 
Die außerordentlichen Marschleistungen der Infanterie wie der Kavallerie sind um so 
höher zu bewerten, als die Wege in denkbar schlechtestem Zustande, die Flußübergänge 
vielfach zerstört und die Russen keineswegs überall ohne Kampfkraft waren. Nun stellte 
die Abwehr des russischen Vorstoßes gegen unsere rechte Flanke neue hohe Anforderungen 
an die Ausdauer der Truppen. Eine umfassende Gegenoffensive an der Dubissa bewies 
dem Feinde, wie sehr er die Stärke der deutschen Truppen unterschätzt hatte. Erst 
allmählich erholte er sich von der Ueberraschung und schaffte neue Infanterie-, Kavallerie- 
und Artilleriemassen heran. Zu gleicher Zeit aber erlebten die Russen noch eine besondere 
Ueberraschung, auf die sie allem Anschein nach gar nicht gefaßt waren: den Zug aus 
Libau. Während unsere Hauptkolonnen in Eilmärschen aus die obere Dubissa zustrebten, 
ging eine Nebenkolonne von Memel her nordwärts etwas langsamer vor. Eine Abteilung 
derselben marschierte über Schkudy, eine andere nahe am Strande von Süden her auf 
Libau vor. Vom Feinde war nicht viel zu merken. Die Marine hatte ihn schon am 
29. April durch die Beschießung von Libau eingeschüchtert. Am 6. Mai sprengte er selbst 
die Ostforts, dann brachten unsere Kriegsschiffe auch die Strandbatterien zum Schweigen. 
Die Landtruppen, die an eine so schwache Verteidigung des großen Hafens nicht glauben 
wollten und immer auf einen Hinterhalt gefaßt waren, nahmen die Südforts nach 
kurzem Gefecht und griffen von der Landseite an. Aber die Russen waren tatsächlich 
auf diesen Schlag nicht vorbereitet gewesen. Sie konnten nur noch in Mitau stärkere
	        
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