Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

D i e Schlacht in Polen 
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Der Vormarsch auf Warschau und der Sturm auf Humin 
Am 28. Januar 1915 gelang es den deutschen Truppen, nachdem schon vorher die 
Bsura- und Rawka-Abschnitte an verschiedenen Stellen, so bei Kozlow-Biskupi, 
westlich Borzimow, und Rawka überschritten worden waren, den Feind nordöstlich von 
Bolimow ans seinen Vorstellungen zu vertreiben und in seine Hauptstellungen ein 
zudringen. Das Ziel der deutschen Angriffe war der Sucha- Abschnitt, der in seinem 
unteren Teil bei Sucha Ende Januar 1915 auch schon erreicht war. Um auch weiter 
nördlich vorwärts zu kommen, war es nötig, östlich von Bolimow erneut anzugreifen, 
wo die Russen eine halbe Meile hinter dem Rawkabett in der Linie Borzimow—Humin 
—Wola-Szhdlowieka zur Sperrung der Straße Lowicz—Bolimow—Warschau neue 
Stellungen bezogen hatten. 
„Es war am Morgen des letzten Januartages 1915," berichtet Wilhelm Conrad 
Gomoll der „Kölnischen Zeitung", „als ich von Wölka Läsieka durch die winterliche 
Frühe nach dem Städtchen Bolimow fuhr. Quer über das sonst unwegsame Moor 
gelände, dessen sumpfige Stellen jetzt durch eine Eisdecke passierbar geworden sind, ruckelte 
das elende Bauernwägelchen trotz doppelter Bespannung nur in schwerfälliger, lang 
samer Fahrt vorwärts. Als ich die Stadt erreichte, fand ich sie schon in vollstem Leben. 
Sie glich einem großen, in der Morgendämmerung aufgestörten Ameisenhaufen, in dem 
alles durcheinander lief. Auf dem Marktplatze standen Infanterie-Reserven zum Ab 
märsche bereit, und ebenso war es in den benachbarten Straßen vor dem Städtchen. Die 
Truppen zogen mit gedämpftem Gesang davon, nachdem ihnen die Orte genau bezeichnet 
worden waren, an denen sie sich zur Verfügung ihrer Kommandeure bereithalten sollten... 
Es wurde 7 Uhr. Und pünktlich nach der am Abend vorher ausgegebenen Divisions 
zeit krachte um diese Stunde aus einer der rückwärts aufgestellten Batterien ein erster 
Schuß in die graue Schneeluft hinein. Wie ein Weckruf brauste er dahin, und fünfzehn 
Minuten später, da er alles an die Geschütze gerufen hatte — genau zu der im Befehl 
festgelegten Minute! — begann dann mit einem ungeheuern Getöse der Schlachtentag 
des 31. Januars. Jeder Mann wußte, um was es ging: die schweren russischen Stel 
lungen in und bei Humin, einem Dorfe östlich Bolimow, sollten genommen werden! 
Es galt auf der Straße nach Warschau gegen den Sucha-Abschnitt vorzudrücken und 
durch die Erstürmung der Ortschaft Bewegung in die feindlichen Massen zu bringen. 
Gelang es, das befestigte Dorf zu besetzen, so wurde damit in die russischen Stellungen 
zwischen Rawka und Sucha ein Keil hineingetrieben, der, ob sofort oder später, von Be 
deutung werden mußte. 
Mit einem wahren Höllenlärm setzte das Schlachtkonzert ein. Eine große Zahl Bat 
terien waren aufgefahren und schickte den Russen ihren eisernen „Segen" hinüber. 
Feldkanonen, 15-Zentimeter-Haubitzen, 10-Zentimeter-Flachbahngeschütze, dazu 21-Zen- 
timeter-Mörser und, um den Gabenreichtum voll zu machen, auch die bundesbrüderlichen 
30-Zentimeter-Mörser jauchzten in den Morgengesang der Artillerie hinein. Ein 
dumpfes Getöse brandete rund um Bolimow; denn hinter, vor, rechts und links seit 
wärts der Stadt standen die Geschütze in Batteriegruppen und durch die Luft zog ein 
schrillendes Pfeifen; aber nicht ihr höllenmäßiger Spektakel, sondern das unheimliche, 
gewaltig erregende Aufheulen des fast steil durch die Luft davonjagenden Riesengeschosses 
der großen Mörser erschütterte und ließ den Körper zusammenfahren. Es war jedes Mal, 
als ob ein aus der Erdtiefe emporgestiegener Gigant aufschluchze. Wie eine wilde Jagd 
zügellos entfesselter Elemente stieg die Gewalt des Geschosses aus dem Geschützrohr in die 
Höhe. Ein Aufschrei entsetzlichster Art, ein Zittern und Beben entstand in der wild 
durchrissenen Luft, ein langanhaltendes, stoßendes, zischendes Wirbeln schoß orkanartig 
Völl-rkrieg. IV. 5
	        
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