Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

238 Der Seekrieg bis zur Torpedierung der „Lusitania" 
ich eine Rippe gebrochen hatte und begegnete mir infolgedessen mit aller möglichen Rück 
sicht. Kapitän Weddigen lud mich zu Zigarren und Portwein ein und ich benutzte diese 
Gelegenheit, um dem Offizier so höflich wie möglich auseinanderzusetzen, was meine 
Meinung über die deutsche Politik den englischen Handelsschiffen gegenüber sei. Es war 
unsere Pflicht, antwortete Weddigen gleichgültig, aber wir wollen auch gar nicht Zivil 
personen töten, denn es find die Schiffe und nicht die Menschen, die wir vernichten. 
Während wir so dasaßen und uns unterhielten, kam es mir so vor, als kannte ich das 
Gesicht des Kapitäns nach Bildern, die ich gesehen hatte und fragte ihn: Waren Sie 
nicht der Kapitän des Unterseeboots, das drei englische Kreuzer in der Nordsee ver 
senkt hat? Richtig, antwortete er ernst. Ich hatte damals das Kommando über „TT 9", 
aber jetzt bin ich der Kommandant von „II 29". Inzwischen war die Besatzung der 
„Andalusien" aus den Booten, die das Unterseeboot ins Schlepptau genommen hatte, 
an Deck desselben befohlen worden und stand nun dort dicht zusammengedrängt. Die 
Offiziere des Unterseeboots gaben der Mannschaft Zigarren. Keiner von den Deutschen 
war uns gegenüber unliebenswürdig. Die Freundlichkeit der Deutschen erreichte ihren 
Höhepunkt, als wir schieden. Das Unterseeboot holte eine französische Bark ein und, 
nachdem diese zum Halten gezwungen war, erhielten wir den Befehl, in die Boote zu 
gehen, um mit diesen an Bord des französischen Schiffes zu rudern. Mein Gespräch 
mit Kapitän Weddigen war wohl die letzte Unterredung, die jemand mit ihm gehabt hat." 
Es ist bezeichnend für die englische Kampfesweise, daß ein Held wie Weddigen, in 
dem selbst der Feind stets nur den untadeligen, vornehmen Ehrenmann sah, einem briti 
schen Schurkenstreich zum Opfer fallen mußte. 
Die Wirkungen der Unterseeboot-Blockade 
Die einzelnen Meldungen der Tageszeitungen geben kein übersichtliches Bild von den 
Wirkungen des Unterseebootkrieges gegen England. Hierzu ist eine Zusammenstellung 
der bisherigen Vorgänge nötig. Derartigen, auf den Mitteilungen der Auslandspresse 
beruhenden und am 18. März 1915, also einen Monat nach dem Beginn des Unter 
seebootkrieges, abgeschlossenen zuverlässigen Darstellungen der „Kölnischen" und „Vossischen 
Zeitung" seien folgende Angaben entnommen: 
Schon am 2. Februar 1915, also noch vor der Bekanntmachung der deutschen Admi 
ralität, stellten wegen der Anwesenheit deutscher U-Boote in der Irischen See zwei eng 
lische Dampserlinien ihren Dienst ein. Am 4. Februar taten dies auch die White- 
Star-Linie und viele andere englische Schiffahrtsgesellschaften. Die London-North- 
western-Bahngesellschaft hob die Verbindungen zwischen Holyhead und den irischen Häfen 
auf, die City of Dublin-Schiffahrtsgesellschaft unterbrach ihren Verkehr mit Liverpool, 
Belfast und Manchester. Auch die Tagesfahrten zwischen Dieppe und Folkestone wurden 
eingestellt. Bereits am 21. Februar war die Dampferverbindung zwischen Göteborg 
und England unterbrochen, und am 27. Februar stellte die Enar-Reederei, die den regel 
mäßigen Schiffahrtsdienst zwischen Schweden und Hüll aufrechterhalten hatte, ihre 
Fahrten ein. In der Zeit vom 18. Februar bis zum 5. März wurden die Häfen Hol 
lands und Skandinaviens von nur 300 englischen Handelsschiffen angelaufen gegen 1500 
in der gleichen Periode des Vorjahres. Das bedeutet eine Verminderung um 80 v. H. 
Ferner liefen nach einem Bericht des „N. Rotterdamschen Courant" vom 4. März in 
der letzten Woche des Monats Februar nur 174 Schiffe aus den englischen Häfen aus 
gegen 830 in der ersten Februarwoche. Am 4. März wird dem Spanischen „ABC" aus 
Las Palmas gemeldet, daß in dem dortigen Hafen eine Verminderung des Einlaufens 
englischer Dampfer beobachtet wurde, und daß die wenigen Dampfer, die von diesem 
Platz nach Liverpool gingen, ihre Schiffsrümpse in norwegischen Farben angestrichen
	        
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