Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

38 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Winterschlacht in Masuren 
Aufgabe übernahm, den russischen Gegner auf sich zu lenken und derart zu beschäftigen, 
daß er an ernste Unternehmungen gegen Deutschland vorerst nicht denken konnte. Der 
Aufmarsch fast der gesamten österreichisch-ungarischen Heeresmacht, die dazu ihre gegen 
Serbien aufgestellten Kräfte wieder auf den unentbehrlichen Grenzschutz beschränkte, 
gegen Rußland erreichte in der Tat diesen Zweck. Rußland warf den größten Teil seiner 
bis dahin mobilgemachten Truppen auf den anrückenden österreichisch-ungarischen 
Gegner, offenbar in der sichern Erwartung, ihn mit seinen Massen über den Haufen 
rennen und erdrücken zu können, während es gegen Ostpreußen mit schwächeren Kräften, 
die allerdings gegenüber den geringen preußischen Grenztruppen noch immer eine viel 
fache zahlenmäßige Ueberlegenheit hatten, heranzog. Gewiß wäre es damals auch der 
österreichisch-ungarischen Heeresleitung gelungen, tiefer in Rußland einzudringen und 
die Russen von Galizien fernzuhalten, wenn nicht doch die Russen, dank ihrer heimlichen 
vorzeitigen Mobilmachung, einen zu großen Borsprung gehabt hätten. So mußte trotz 
der siegreichen Schlachten von Krasnik, vor Lublin, von Komarow und von Grodek 
Ostgalizien mit Lemberg preisgegeben werden, weil erst am südlichen, dann am nörd 
lichen Flügel die sich heranwälzenden russischen Massen die österreichisch-ungarische Front 
zu überflügeln drohten. Ohne Zaudern, wenn auch mit schwerem Herzen, opferte da 
mals die österreichisch-ungarische Heeresleitung einen Teil des Gebiets der Monarchie, 
um nach erfolgter kräftiger Schwächung der Russen weiter westlich in günstigerem, weil 
kleinerm Raum zwischen Krakau und den Karpathen ihre Truppen neu zu versammeln, 
ausrasten zu lassen, zu ergänzen und zu verstärken und den Aufmarsch der deutschen 
Truppen nördlich der Weichsel abzuwarten. Als dieser beendet war, galt es der öster 
reichisch-ungarischen Heeresleitung wieder nicht als erste Aufgabe, Galizien vom Feind 
zu befreien, sondern in Gemeinschaft mit dem deutschen Verbündeten den Feind da zu 
treffen, wo er am empfindlichsten wäre, in der richtigen Erkenntnis, daß er dann auch 
Galizien aufgeben müsse. Man erfährt nun amtlich, daß die 47. deutsche Reserve- 
Division unter österreichischem Kommando an den Kämpfen südlich von Krakau teil 
genommen und durch Gewaltmärsche und glänzende Waffentaten Schulter an Schulter 
mit den verbündeten österreichisch-ungarischen Truppen den Flankenstoß gegen die aus 
Krakau vorrückenden Russen zum Gelingen gebracht und ihren Rückzug hinter den 
Dunajec erzwungen hat. Damit ist der treuen Waffenbrüderschaft zwischen den beiden 
verbündeten Heeren und ihren Staaten ein neues ruhmvolles Denkmal gesetzt worden. 
Die Verschiebung einer ganzen deutschen Division auf den äußersten rechten Flügel der 
österreichisch-ungarischen Armee erscheint als ein Zeichen unbedingten gegenseitigen Ver 
trauens und aufopfernder Hilfsbereitschaft, ebenso wie die Entsendung der vortrefflichen 
österreichisch-ungarischen Motorbatterien nach den westlichen Kriegsschauplätzen." 
„Wie sich die B e s e h l s v e r h ä l t n i s s e im Osten allmählich den Forderungen der 
Kriegslage entsprechend entwickelt haben, ist," wie das „Neue Wiener Tagblatt" schreibt, 
„am besten aus den kriegerischen Ereignissen selbst zu ersehen. Bei Beginn des Krieges 
hatten wir hier im Osten eigentlich zwei getrennte Kriegsschauplätze, den ostpreußischen 
und den südlichen. Zur Deckung von Schlesien war deutscherseits die Armeegruppe 
W o y r s ch bereitgestellt worden, an die sich die österreichisch-ungarische Armeegruppe 
Kummer anschloß. Die Entwicklung der Ereignisse bei Lublin machte das gemeinsame 
Einsetzen dieser beiden Armeegruppen notwendig, und so sehen wir denn Ende August 
1914 zum erstenmal deutsche Truppen, die unter österreichisch-ungarischem Befehl Schul 
ter an Schulter mit ihren Bundesgenossen fechten. 
Die nächste Kriegsphase brachte dann die erste große gemeinsame Operation mit 
Hindenburg, wobei die Armeegruppe Woyrsch den rechten Flügel der Hinden- 
burgischen Armee bildete, die durch die Zuteilung zahlreicher österreichisch-ungarischer
	        
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