Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

128 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
Sturmgassen auf die französischen Deckungen los. Diesem wuchtigen Stoß hielten die 
sonst so tapferen französischen Alpenjäger nicht mehr stand. Das gefürchtete Bajonett 
und der bayrische Kolben taten ihre erschütternde Wirkung. Bevor die Sturmkolonnen 
zum Nahkampfe kamen, nahmen die Franzosen ihre Gewehre herunter und hielten zum 
Zeichen der Uebergabe die Arme hoch. Durch die Reihen der Deutschen erdröhnte der 
Siegesjubel. Um 5 Uhr nachmittags des 19. März war die ganze Stellung am Reich 
ackerkopf wieder in den Händen der Deutschen. Drei französische Offiziere, darunter ein 
Hauptmann, und 250 Alpenjäger fielen gefangen in die Hände der Deutschen. 300 Tote 
lagen in und vor der französischen Stellung. „Lovr wol, 1a guerre est finie!“ sagte 
der französische Hauptmann bei seiner Gefangennahme. Wer dem Gewehrfeuer ent 
kommen und nicht in Gefangenschaft geraten war, zog sich unter dem wirksamen Ver 
folgungsfeuer der deutschen Batterien längs dem Nordhange des Sattelkopfes zurück. 
Die Stellung am Sattel blieb einstweilen in den Händen der Franzosen. Die schwersten 
Verluste hatten die Franzosen nach Aussage der Gefangenen durch das Artilleriefeuer, 
durch Minenwerfer und Handgranaten erlitten. Als ich einige Tage nach dem Sturm 
die Stellung am Reichackerkopse besuchte, waren die deutschen Beerdigungskolonnen 
allenthalben noch mit dem Aufsuchen, Bergen und Begraben der Toten beschäftigt. 
Die Kämpfe um den Reichackerkops weisen Züge fast übermenschlicher Anspannung, 
nicht zu überbietender Ausdauer und Aufopferungsfähigkeit aus. Der endgültige Erfolg 
der Deutschen in diesen Kämpfen ist der vortrefflichen gründlichen Vorbereitung des 
Angriffs, der siegessicheren, kaltblütigen Entschlossenheit von Führern und Truppe, dem 
mustergültigen Zusammenwirken der Artillerie mit der Infanterie zu danken. Die 
Kämpfe um den Reichackerkopf werden ein Ruhmesblatt in der Geschichte des Gebirgs- 
krieges füllen. 
„Der Drang nach vorwärts muß dauernd die einzelnen Glieder der Kampstruppe be 
seelen." So lautet eine Vorschrift des Exerzierreglements für die deutsche Infanterie 
über den Angriff aus eine befestigte Stellung. Und an anderer Stelle sagt das Regle 
ment: „Hat die vordere Linie den Eindruck gewonnen, daß die Entscheidung herangereift 
ist, so darf sie nicht zögern, den Sturm zu wagen." Die Truppe, die am Reichacker 
kopf ruhmvoll gekämpft, und insonderheit der Füsilier, der sie durch sein Beispiel an der 
entscheidenden Stelle und im entscheidenden Augenblick zum Sturme mitriß, waren von 
dem Geiste durchdrungen, der diese Grundsätze aufgestellt hat." 
Mitte April mehrten sich die Anzeichen einer neuen französischen Offensive. Seit am 
20. Februar die beiden Ortschaften Metzeral und Sondernach von deutschen Truppen 
besetzt worden waren, haben die Franzosen im hintersten Fechttal, am Rothenbacherkopf 
und aus dem Schweiselwasen ständig einen nachdrücklich fühlbaren Druck von Osten aus 
zuhalten, das umsomehr, als sich die Deutschen auch auf dem 1254 Meter hohen 
Schnepfenrietkopf haben festsetzen können. Der deutsche Druck drängt gegen das hintere 
St. Amarintal auf die Linie Wildenftein—Krüt und in südwestlicher Richtung gegen 
den Lauchenkopf (1314 Meter), Drehkopf (1266 Meter) auf Oderen zu, das ebenfalls 
im St. Amarintal liegt. Der Verlust des hinteren St. Amarintales wäre deswegen für 
die Franzosen außerordentlich empfindlich, weil sie die Ventron- und Bramontstraße zur 
Verbindung mit den Truppen an der Meurthe verlören, ihre letzte rückwärtige Ver 
bindung über den Col de Bussang würde schwer bedroht, und auch die französischen 
Truppen im Massiv des Großen Belchen, zu dem auch der Molkenrain gehört, würden 
Gefahr laufen, abgeschnitten zu werden. Nachdem bereits am 13. April ein in der 
Richtung gegen den Hirzenstein vorgetragener Angriff von den Deutschen mit Erfolg 
abgewiesen worden war, versuchten die Franzosen in der zweiten Hälfte des April 
südlich von Metzeral abermals Vorstöße, die jedoch alle ergebnislos verliefen.
	        
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