Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

46 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
Sterbender, die teilweise unter Erde und Trümmern begraben waren. Die meisten 
Ueberlebenden waren nicht mehr imstande zu kämpfen. Nordöstlich des Dorfes jedoch 
hielt sich noch eine deutsche Truppe, die in guter Deckung verborgen war, einige Stunden. 
Trotz drei kühnen Angriffen war es den Engländern nicht gelungen, sie zu vertreiben, als 
aber gegen Mittag Verstärkungen eintrafen, wurden die Deutschen auch aus ihrer letzten 
Verschanzung, die sie im Dorfe innehatten, vertrieben. Inzwischen wurde auf dem 
rechten Flügel in der Richtung von Richebourg eine gleichartige Vorwärtsbewegung 
unternommen, die sich gegen das Gehölz von Biez, einen rechteckigen Wald ungefähr einen 
Kilometer östlich von Neuve-Chapelle, wandte. Auch hier wurde nur geringer Widerstand 
geboten. Am Nachmittag drangen die Truppen, die Neuve-Chapelle genommen hatten, 
noch weiter in östlicher Richtung vor und gewannen fast 400 Meter Gelände. Auch auf 
unserem linken Flügel im Norden des Dorfes gewann unsere Vorwärtsbewegung ein 
ansehnliches Stück Gelände. Der Kampf wurde noch lange nach Eintritt der Dunkelheit 
fortgesetzt. Der Feind war fluchtartig in die Enge getrieben worden, so daß wir stellen 
weise ganze Gruppen zu Gefangenen machten. Die Deutschen vermochten sich den ganzen 
Tag über in einer starken Stellung bei dem Kreuzpunkt der Wege südlich des Dorfes 
zu halten. Sie hatten sich dort in einem wahren Netzwerk von Verschanzungen, das 
durch Stacheldrahtoersperrungen verstärkt war, eingegraben. Diese Stellung nannten 
englische Truppen »Port Arthur". Lange Stunden wurde wütend um diesen Punkt ge 
fochten, bis um halb sechs Uhr die Engländer die Stellung im Bajonettangriff eroberten. 
Die deutschen Batterien antworteten den ganzen Tag über erfolglos. Unsere Artillerie 
nahm Donnerstag den 11. März ebenso ungestüm wie am Mittwoch am Kampfe teil. 
Die Deutschen versuchten aus verschiedenen Punkten, besonders beim Gehölz von Biez 
Gegenangriffe. Die englischen Geschütze nahmen den Wald jedoch mit solch gutem Erfölge 
unter Feuer, daß die Deutschen nicht wagen durften, die durch die Bäume gebotenen 
Deckungen zu verlassen. Auf verschiedenen Punkten wurde einiges Gelände gewonnen, 
doch im allgemeinen blieb der Zustand derselbe wie am Tage zuvor. Der Widerstand 
der Deutschen war hartnäckiger geworden, doch alle ihre Versuche, die Engländer aus 
den eroberten Stellungen zu werfen, wurden mit schweren Verlusten abgeschlagen. Die 
deutsche Artillerie war tätiger geworden. Neuve-Chapelle wurde heftig beschossen und 
die englische Linie mit Granaten und Kartätschen überschüttet." 
In einem zweiten Bericht vom 19. März 1915 erzählt der »Augenzeuge" den Fort 
gang der Kämpfe nach der „Neuen Zürcher Zeitung" folgendermaßen: „Der Feind 
hat sich unaufhörlich bemüht, den verlornen Boden wieder zu gewinnen, mit dem einzigen 
Ergebnis, daß wir in die Lage versetzt wurden, neue Fortschritte zu machen. 
Während des Morgens vom 12. März erneuerten die Deutschen ihre Angriffe auf 
der ganzen Linie um das Dorf und ließen dabei eine große Zahl von Töten und Ge 
fangenen zurück. Zu einem bestimmten Zeitpunkt schienen die Deutschen gänzlich er 
schöpft; mehr als einmal legten sie sich, sobald wir das Feuer eröffneten, in ihrer 
Angriffslinie nieder oder hoben ihre Hände in die Luft. In der Nähe der Kreuzung 
zweier Straßen südlich des Dorfes gegenüber der Stellung „Port Arthur", die wir 
am vorhergehenden Tag genommen hatten, wurden ungefähr siebzig Deutsche, die in 
einen Verbindungsgraben eindrangen, gefangen genommen. Dem Feind gelang es an 
einem einzigen Punkt, unsere Schützengräben nordwestlich des Dorfes zu erreichen, er 
wurde aber unverzüglich wieder verjagt und gegen seine eigenen Minen verfolgt, wobei 
er zahlreiche Gefangene in unseren Händen zurückließ. Als der Ansturm des Feindes 
schwächer wurde, griff unsere Infanterie ihrerseits an, um dem erschöpften Gegner keine 
Ruhe zu lassen. Sie nahm im Sturm eine durch einige Häuser bei der Mühle von 
Biez gebildete starke Stellung. Als sie nachts vorrückte, gab der Widerstand des
	        
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