Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

24 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
und die somit der als Kurtine bezeichneten Straße parallel liegen. Der ganze Abschnitt 
hatte für die Franzosen namentlich den Anreiz, daß es bei glücklichem Verlaufe der 
Unternehmungen gelingen konnte, die Deutschen gegen das Stück der Aisne zurückzudrücken, 
das dem Südfuß der Ardennen entlang nach Westen gerichtet ist und dessen Mitte un 
gefähr Rethel bildet." 
Die amtlichen deutschen und französischen Angaben über Zweck, Verlauf, Verluste und 
Ergebnisse der Schlacht widersprechen sich im wesentlichen (vgl. S. 9—11). Auch der ge 
naue Frontverlauf ist nach den Berichten der obersten Heeresleitungen nicht festzustellen. 
„Am heftigsten," schreibt der Militärkritiker der „Neuen Zürcher Zeitung", „muß in 
der Mitte des ganzen Abschnittes bei Souain, Perthes und Lemesnil gekämpft worden 
sein. Damit drängt sich die eigentliche Kampffront auf rund zehn Kilometer zusammen. 
Auch gegen Tahure zu wollen die Franzosen Boden gewonnen haben. Möglich ist, daß 
sie in den Besitz der Höhen und Waldstücke gekommen sind, die unmittelbar nördlich von 
Souain, Perthes, Lemesnil und Minaucourt liegen. Möglich ist aber auch, daß die 
Deutschen dieses Gelände gar nicht als zu ihren eigentlichen Kampfstellungen gehörig erachten." 
Eine zusammenfassende Schilderung der blutigen Kämpfe, in denen Rheinländer und 
Gardetruppen in Schnee und Eis unter Hunger und Entbehrungen wochenlang unter 
dem Hagel totbringender Geschosse ausharren mußten, gibt es noch nicht. Dagegen sind 
zahlreiche eingehende Einzelschilderungen vorhanden, aus denen hier einige besonders 
charakteristische Stellen folgen sollen. 
Ein Hauptmann schreibt in einem Berichte, den die „Frankfurter Zeitung" veröffent 
licht hat: „Mein Regiment hat einfach übermenschliche Anstrengungen hinter sich. 
So was von Granatfeuer hatte ich in meinen kühnsten Träumen mir nicht vorgestellt. 
Bereits am ersten Abend und folgenden Vormittag hatten wir Verluste. Aber wir 
waren doch zuversichtlich und hofften auf bessere Zeiten. Am nächsten und den folgenden 
Tagen immer dasselbe Bild. Vrtr- und nachmittags „Trommelfeuer", wie der fach 
technische Ausdruck für das Schlag auf Schlag erfolgende Artilleriefeuer hier lautet. 
Auf unseren Unterstand hatte es die schwere Artillerie abgesehen. Wir konnten nicht 
heraustreten, ohne große Gefahr zu laufen, von den herumfliegenden Granatsplittern 
getroffen zu werden. Telephonleitung nach vorn und hinten war fast immer gestört. 
Daher stets Ungewißheit. Am zweiten Abend erhalten wir die Meldung, daß rechts 
von uns die Franzosen durchgebrochen wären. Leider kamen sie so in unsere Verbindungs 
graben und flankierten mit Maschinengewehren unsere Stellung. Später kamen noch 
Minenwerfer hinzu, die unseren rechten Flügelkompagnien schwere Stunden bereiteten. 
Aber die Kompagnien hielten bewunderungswürdig Stand. Sobald die Franzosen unter 
dem Schutze der Rauchwolken ihrer Granaten vorrückten und dicht vor der Stellung 
sichtbar wurden, flink hatten unsere braven Kerls die Gewehre in der Hand und jedes 
mal wurden die Franzosen unter furchtbaren Verlusten zurückgeworfen. Sobald die 
französische Infanterie zurückflutete — es war schauerlich anzusehen — schoß ihre eigene 
Artillerie in sie mit aller Macht hinein, um sie so wieder vorzutreiben. Einmal kamen 
die Franzosen in den rechten Flügel unserer Stellung, aber kaum waren sie drin, stürmten 
unsere Leute mit blutunterlaufenen Augen vor Wut und Erregung wieder vor und machten 
alles nieder. Da die Franzosen uns fortwährend angriffen, war an irgend eine Ablösung 
nicht zu denken. Alles vom Regiment war draußen und kämpfte. Als Reserve hatten 
wir noch eine Kompagnie. Am vierten Tage brachen die Franzosen auch links von uns 
durch, und nun mußte das tapfere 1. Bataillon einen Angriff von vorn, von beiden 
Flanken und vom Rücken abwehren. Aber keinen Zoll breit Boden hat der Franzose bekom 
men ... Ich möchte nicht verfehlen zu erwähnen, daß uns die Artillerie in einer über alles 
Lob erhabenen Weise unterstützt hat. Ohne sie wäre es nicht so gegangen. Sie schoß so
	        
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