D i e Kämpfe im Zentrum der Schlachtsront 19
von Craonne Mitteilung machen zu können und Dich wie Dein Volk zu solchen Leistungen
beglückwünschen zu dürfen." Darauf hat auch der König von Sachsen den sächsischen
Truppen herzlichen Gruß und warmen Dank übermitteln lassen.
„Sie haben aber auch gekämpft wie die Löwen, davon habe ich mich persönlich über
zeugt," schreibt ein Mitkämpfer in einem in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" ver
öffentlichten Feldpostbrief. „Der Sturm war auf den 25. Januar, 4 Uhr nachmittags
angesetzt. Am Vormittag des 25. ging ich nochmals unsere ganze Stellung ab. Mit
manchen Gruppen knüpfte ich ein Gespräch an und erkundigte mich nach dem Sturme.
Die Vorbereitungen waren ihnen natürlich nicht entgangen, trotz strenger Geheimhaltung
ahnten sie, was bevorstand. Sie schienen den Augenblick nicht erwarten zu können,
eine freudige Erregung war in aller Mienen zu erkennen. Aus meine Frage: „Wann
geht's los?", meinte ein Sachse gelassen: „Ei, so kurz nach dem Kaffee." Und wem's
vergönnt war, zu sehen, wie die wackeren Truppen plötzlich gleichzeitig auf der ganzen
Linie ihre vorzügliche Deckung preisgaben, die lange freie Strecke trotz feindlichen Ge
schoßhagels zurücklegten und den Gegner aus seiner Stellung vertrieben, dem schlug
das Herz höher; er mußte sich sagen: „Solche Truppen können nicht besiegt werden."
Außer der sächsischen Infanterie dursten sich auch nicht unbeträchtliche Teile preußischer
Infanterie und fast ausschließlich preußische Pioniere in großer Zahl milden Sachsen
in die Lorbeeren teilen. Die preußischen Pioniere waren aus der ganzen Angriffsfront
der Sachsen verteilt. Es erscheint nicht mehr als gerecht, wenn wir auch ihrer gedenken,
denen wir das Gelingen des Sturmes zum guten Teile mit zu verdanken haben, die der
Infanterie die Wege bahnten, ihr voranstürmten und dann, in feindlicher Stellung an
gekommen, mit Handgranaten, Brandröhren, Kreuzhacken und Spaten ebenso geschickt
umzugehen verstanden wie mit dem Gewehr. Schon Tage vorher begannen ihre Vorberei-
lungen. Tag und Nacht waren sie tätig gewesen; und als der ersehnte Augenblick des
Sturmes gekommen war, da waren sie es, die jeder Sturmkolonne voraneilten. Sie
waren es, die nach monatelanger Defensive als die ersten die Deckung verlassen durften,
um den hartnäckigen Feind davonzujagen. Und mit welcher Energie haben sie
das besorgt!
Es war ein schönes Bild, das glatte Zusammenarbeiten der beiden Truppengattungen,
Infanterie und Pioniere, vor und während des Sturmes beobachten zu können, und
nicht in letzter Linie ist diesem Zusammenarbeiten der Erfolg zu verdanken."
Der deutsche Vorstoß bei Massiges vom 3. bis 12. Februar 1915
Die Höhe 191 ist eine bedeutende, langgestreckte, kahle Erhebung, über und über zer
rissen von deutschen und französischen Schützengräben, Laufgräben, Sappen und unter
irdischen Minengängen. In langwierigem Sappenkrieg hatte sich die deutsche Infanterie
etwa zu ein Drittel in den Besitz der Höhe gesetzt und ihre vordersten Gräben bis
ganz nahe an den Feind getrieben. Und der Feind ihr entgegen. Dieser Zustand verlangte
nach einer Entscheidung, die am 3. und 4. Februar 1915 herbeigeführt wurde.
„Am Tage vorher," erzählt ein Artillerist in der „Frankfurter Zeitung", „hatte ich
meinen Telephon- und Beobachtungstag aus der Höhe 191. Dadurch hatte ich Ge
legenheit, die Vorbereitungen der Infanterie mitzuerleben. Es war sehr eindrucksvoll:
die Beschaffung von 450 Sturmleitern (zum Verlassen der eigenen und Hinabsteigen in
die feindlichen Gräben), die Aufstapelung der Jnfanterieschilde (als erste Deckung in
neuen Stellungen), die Handbeile und Drahtscheren zum Zerstören der Drahtverhaue usw.
Man hörte „halbamtlich" von geplanten Minensprengungen und sonstigen Vorbereitungen
der Pioniere. In der Nacht zum 3. Februar trafen große Verstärkungen ein. Lautlos
waren sie gekommen. Als ich frühmorgens noch im Dunkel meinen Posten verließ und zur