Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

D i e Kämpfe im Zentrum der Schtachtfront 15 
Halbdunkel, Mann gegen Mann. Ueber die folgende Spanne Zeit kann niemand mehr 
Rechenschaft geben. Das Geschoß, die blanke Waffe, die Handgranate, Hand und Fuß 
beteiligen sich am Kampfe, bis der Gegner das blutige Spiel verloren gibt. Der über 
lebende Rest ergibt sich. Inzwischen sind die Kameraden nicht müßig gewesen. An ver 
deckten Unterständen und in den Vorhöfen der Minengänge wird gefochten, bis auch hier 
der Feind die Waffen streckt. 
Die Kämpfe konnten nicht verborgen bleiben. In den anschließenden Stellungen ist 
der Feind lebendig geworden. Leuchtkugeln fliegen in die Luft, scheinen einen Augenblick 
als leuchtende Gestirne still zu stehen, bis sie zerplatzend eine Garbe kleinerer Sterne über 
den dunkeln Plan ausbreiten und ihn erhellen. Das Gewehrfeuer knattert ununterbrochen 
von beiden Seiten. Deutlich vernimmt man das Feuer der feindlichen Maschinengewehre, 
das wie der Klang schwerer Tropfen tönt, die in regelmäßigen kurzen Pausen fallen. 
Das Toben des Feindes kann an dem Geschick der Rächt nichts ändern. Hundert Gefangene 
haben wir gemacht. Während sie zurückgeführt werden, bereiten die Pioniere alle Räume, 
die noch Deckung bieten können, zur Sprengung vor. Dann ein verabredetes Zeichen und 
alle Sturmtruppen räumen den Hos und seine Umgebung. Auf dem Wege zu ihren alten 
Stellungen vernehmen sie noch den grollenden Donner, der die Zerstörung der feindlichen 
Deckungen anzeigt. Als jetzt beim Morgengrauen die feindlichen Verstärkungen anrücken, 
liegt der Granathof still und verlassen da. Sie kommen zu spät. Die Fernsprechleitung, 
die sie rechtzeitig herbeirufen sollte, war durch einen braven Pionier beim Eindringen in 
die unterirdische Welt zerstört worden. 
Der französische Bericht über die Ereignisse der Nacht lautete: „Der Feind machte 
einen vergeblichen Versuch, sich in den Besitz des Blockhauses bei La Boiffelle zu setzen. Wir 
warfen ihn zurück. 200 Tote ließ er auf der Walstatt." Tatsächlich betrugen unsere Ver 
luste jedoch nur 34 Mann an Toten und Verwundeten, darunter drei Offiziere. 
Als der Wintermorgen dämmerte, erlosch zögernd das Feuer. Einsam stand der Posten 
wieder im vorderen Graben und spähte hinüber zum Granathof. Aus der Ferne trug der 
Morgenwind verhallende Laute eines Liedes zu ihm, wohl der Gesang der Kameraden, 
die die Gefangenen zurückführten. Er kannte die Weise. Leise summte er den Schlußsatz 
mit: Haltet aus im Sturmgebraus! Haltet aus, haltet aus...." 
Der Feind hörte nicht auf, den verlassenen Trümmerhaufen des Granathofs ununter 
brochen mit seiner Artillerie zu beschießen, wohl um dadurch die Deutschen zu verhin 
dern, gedeckt durch die Ruinen, ihre Stellungen nach vorwärts zu verschieben. Diese 
furchtbare Kanonade schildert Generalleutnant von Stein in einer anschaulichen Skizze 
in der „Kölnischen Zeitung" folgendermaßen: „In fast regelmäßigen Abständen dröhnt 
drüben beim Feind ein Kanonenschuß. Jedesmal schlägt wenige Sekunden später eine 
Granate in die Trümmer des Gehöfts. Die eintönige Folge wird bisweilen unter 
brochen durch drei bis vier beinahe ineinander fallende Schüsse. Kaum vernommen, 
folgen ihnen ebensoviele Einschläge mit scharfem Knall der zerspringenden Granaten, 
spritzen die schon hundertfach zerfetzten Trümmer des Granathoss auf. Die Posten 
ducken sich im Graben, und über sie hinweg rauscht der Hagel der Eisensplitter. Sie 
achten's kaum. Wochen und Monate lang haben sie dasselbe Bild gesehen und denselben 
Ton gehört, das scharf abgerissene Geratter der platzenden Feldgranaten. Sie kennen 
die feindliche Batterie, die den Hof dauernd unter Feuer hält. Man steht sie nicht, nur 
ahnen kann man ihre gedeckte Stellung, tief im Grunde in der Nähe der zum Feinde 
laufenden Straße. Nicht immer schießt sie allein. Bisweilen gesellen sich andere Bat 
terien zu ihr, deren Feuer durch geheimnisvolle Fäden auf den Granathos vereint wird. 
Sie scheinen zahllos zu sein. Ihr Donner rollt ununterbrochen und kommt aus allen 
Richtungen. Die Einschläge der Geschosse sind nicht mehr zu unterscheiden. Wie dort
	        
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