14 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915
29. April 1915.
Feindliche Minensprengungen in der Champagne nördlich von Lemesnil waren er
folglos. Bei Lemesnil wurden nächtliche französische Angriffe gegen die von uns
gestern nacht eroberten Stellungen unter starken Verlusten für den Feind abgeschlagen.
Die hier gemachten französischen Gefangenen sind in jammervoller Verfassung. Sie zitterten
vor Angst, da ihnen von ihren Offizieren vorgeredet worden war, sie würden, in deutsche
Gefangenschaft geraten, sofort erschossen.
Reims wurde in Erwiderung auf die Beschießung unserer rückwärtigen Ruheort
schaften mit einigen Granaten beworfen. Da der Feind die Bedeutung dieses unseres Vor
gehens sehr gut kennt, würde es ihm leicht sein, Reims vor einer Beschießung zu bewahren.
30. April.
In der Champagne nördlich von Lemesnil konnten die Franzosen nichts von der ihnen
vorgestern entrissenen Stellung wiedergewinnen. Die 1000 Meter breite und 300 Meter
tiefe Befestigungssgruppe ist von uns in ihrem vollen Umfang umgebaut und wird gehalten.
1. Mai 1915.
Zwei feindliche Flugzeuge wurden wieder außer Gefecht gesetzt. Eines wurde bei
Reims zusammengeschossen, das andere nordwestlich von Verdun aus einem Ge
schwader heraus zu eiligster Landung gezwungen.
Der Kampf um den „Granathof"
Zweihundert Meter vor dem Dorf La Boisselle, an der großen Hauptstraße, liegt ein
einsames Gehöft, das viel umstritten, in wochenlangen Kämpfen zahlreiche Menschenleben
gefordert hat. Die Franzosen nennen den Kampfplatz „das Blockhaus", die Deutschen
„den Granathof". Hof und Dorf waren längst in Trümmer geschossen und wurden doch
noch immer hartnäckig vom Feinde behauptet. Da wird Mitte Januar 1915 der Befehl
gegeben. Hos und Dorf von den Franzosen zu säubern; um 3 Uhr nachts soll zum An
griff vorgegangen werden. Ohne Geräusch haben sich unsere Truppen durch die Ver
bindungsgräben herangewunden," erzählt ein Feldpostbrief, den der „Schwäbische Merkur"
veröffentlicht hat. „Nun stehen sie Mann an Mann vorn im Graben an den Ausfallstufen,
um über den Grabenrand hinaufzusteigen. Die Hindernisse davor sind in der Dunkelheit
entfernt. Der Führer sieht auf das durch Leuchtmasse schwach erhellte Zifferblatt der Uhr.
Noch drei Minuten, noch eine Minute. Wie lang und wie kurz ist sie doch! Dann folgt
das Zeichen zum Antreten. Schweigend erhebt sich der Menschenwall und stürzt lautlos
aus die gespenstischen Trümmer des Hofes zu. Pioniere mit Handgranaten und Spreng-
munition sind zugeteilt. Die Besatzungen der Nachbargräben stehen bereit, die an den
Granathos anschließenden feindlichen Stellungen unter Feuer zu nehmen, sobald sie sich
an dem Kampf beteiligen wollen. Aus dem Gewirr des Hofes erheben sich einzelne
feindliche Posten. Ehe sie die Gefahr erkennen, sind sie schon stumm gemacht. Das
Bajonett tötet lautlos. Nun stürzt ein Teil auf die Eingänge der Keller, während
andere die zerstörte Umfassung des Hofes übersteigen, in die Senke dahinter hinabgleiten
und den nahe gelegenen Kirchhof besetzen. Die Toten dort unten werden heute manchen
Genossen bekommen. Pioniere erbrechen die verrammelten Kellerzugänge. Beim Schein
der Taschenlampen sucht der Fuß die Stufen zur Tiefe. Kein Feind tritt entgegen. Ein
zusammengesunkenes Wachtfeuer wirft flackernde Lichter in den dunkeln Raum. Dort
liegt der Feind in dichten Haufen tief im Schlaf. Die Soldaten sehen es mit Staunen,
aber kein deutscher Krieger tötet einen wehrlosen Feind. Der Führer befiehlt die sorg
losen Schläfer durch einige Schüsse über sie hin zu wecken. Dann will er sie auffordern,
sich zu ergeben. Aber der Feind ist tapfer; aufgeschreckt erfaßt er gewohnheitsmäßig
seine Waffe, von Uebergabe will er nichts wissen. Und nun beginnt der Kamps im