Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

22 Die Ereignisse auf den serbisch-montenegrinischen Kriegsschauplätzen 
Es sind zwei serbische Bataillone gewesen, die, als sie die Macva verlassen mußten, 
Vieh mitnahmen. Langsam aßen sie das Fleisch der Tiere. Es war Vorrat für lange 
Zeit. Wie die Oesterreicher dann Plötzlich im Land waren und hinter den Bataillonen 
her, fiel ihnen das Vieh zuerst in die Hände. Die Serben liefen schneller. Es fing sie 
eine Honvedpatrouille. Wagen kommen und die gar nicht mehr kriechen können, werden 
aufgeladen. Am Ende des Zuges führen zwei Honveds einen Irren. In seinen Augen 
ist nur das Weiße sichtbar. Mitunter stößt er ein Wort heraus. Erst will er nicht auf 
den Wagen, wie er dann doch sitzt, packt er die leere Eßschale, die im Stroh des Fuhr 
werks kollert, und seine Nägel kratzen und schaben am Bleck des Gefäßes, dann beißt er 
sich fest, hält die Schale zwischen den Zähnen. Der Wagen rasselt davon, im Stroh der 
Gefangene, die Eßschale zwischen den Zähnen." 
Der Bote 
Ein österreichisch-ungarischer Offizier erzählt in der „Neuen Zürcher Zeitung": „In 
unserer Schußlinie steht ein Brunnen, an dem die Serben jede Nacht ihr Trinkwasser 
holen. Gestern aber kam ein serbischer Soldat am hellen Tag mit seinem Wassereimer 
daher. Keiner von uns schoß. Da! Was gibt denn das? Wirft der Bursche den Eimer 
fort und kommt im Laufschritt zu uns herübergerannt. Das Feuer, das nun die Serben 
auf den Ueberläufer eröffnen! Keiner aber trifft, und unverletzt, aber außer Atem langt 
der Mann bei uns an. Jedem schüttelt er die Hand, als gehörte er schon längst zu uns. 
In meinem Gelaß brodelt das Wasser im Sämovar. „Gebt dem armen Kerl eine Tasse 
Tee." Der ist glücklich und lacht mit dem ganzen Gesicht. Er erzählt, er sei ja kein Serbe, 
sondern ein Bulgare (wohl aus den von den Serben neuerworbenen Gebieten Maze 
doniens). Aber jene hätten ihn mit Gewalt in die serbische Armee gesteckt. „Ja, mit 
Gewalt. Und viele andere mit mir." Seit Tagen, ja seit Wochen wenig und schlecht zu 
essen, oft auch gar nichts. „Drüben gibt's noch viele Bulgaren." Ein bewundernder Blick 
auf unsere komfortable Schützengrabeneinrichtung. „Wüßten die, wie schön es bei euch 
ist; massenhaft würden die herüber kommen." 
Dann hat er einen Gedanken. Auf einen Zettel schreibt er einige Worte. Wenn die 
nun jemand zum Brunnen tragen würde? Leichter gesagt als getan. Ein Korporal geht 
damit, aber auf halbem Wege kehrt er um. Bon drüben wird wütend auf ihn geschossen. 
Da hat einer einen Gedanken. 
Es wird ein Ferkel gefangen, dem hängt man den Zettel um den Hals. Und nun 
wird es getrieben und gejagt, bis es endlich ins feindliche Lager hinüberspringt. 
Und das Ergebnis? — Noch in derselben Nacht bewegen sich drüben schwarze Schatten. 
Wir bleiben hübsch still. Und bald darauf tauchen, freundlich grinsend, nicht weniger als 
sechs unbewaffnete Feinde vor unserm Graben auf." 
Der Serbe und die „Barbaren" 
Im „Pester Lloyd" veröffentlicht Ludwig Biro Bilder vom serbischen Kriegsschauplatz, 
darunter folgendes: „Ein serbischer Offizier wurde in einem Vorpostengefecht gefangen 
genommen. Er war schwer verwundet. Die Unseren tragen ihn zum Verbandsplatz. 
Der Kommandant fragt ihn: „Wie groß ist die Truppe, die dort den Wald besetzt hält?" 
Das Antlitz des serbischen Offiziers zuckt vor Schmerz, aber er blickt auf und ant 
wortet ruhig: „Ein Bataillon." 
Man führt ihn ins Feldlazarett, geradewegs auf den Operationstisch. Nun kommt 
eine schwere und lange chirurgische Arbeit; der serbische Offizier erträgt sie bleich, wort 
los, mit zusammengebissenen Zähnen. Die Arbeit des Arztes geht vorwärts; nach einer 
halben Stunde ist die Wunde vernäht und sauber verbunden. Der Verwundete bekommt
	        
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