Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

256 Rußland während des ersten Kriegshalbjahres 
Scheine würden von jedem der drei Staaten zurückgenommen. Der Grundgedanke von 
Raffalowitsch ist dabei der, für die Verrechnung zwischen Rußland, England und Frank 
reich eine zwischenstaatliche Geldeinheit zu schaffen, dem außerordentlich niedrigen Kurs 
der russischen Währung in Frankreich und England aufzuhelfen und ohne Ausfuhr von 
Gold russische Kredite in Frankreich und England zu erschließen. 3) Die Emission einer 
gemeinsamen Kriegsanleihe wurde bis zur Beseitigung der konstitutionellen Schwierig 
keiten in Frankreich und England vertagt. 
Eine Anfang März 1915 den Beratungen in Paris folgende Konferenz der Finanzminister 
in London entschied gegen den Plan einer gemeinsamen Anleihe der Dreiverbandmächte. 
Es wurde ein neues Finanzabkommen zwischen Frankreich, England und Rußland ge 
troffen mit folgenden Hauptbestimmungen: 1) Frankreich und England bestreiten für die 
ganze weitere Kriegsdauer aus eigenen Mitteln alle in Paris und London zahlbaren Fällig 
keiten Rußlands für Kriegslieferungen, für die Zinsen der russischen Staatsschuld und der 
von der russischen Regierung garantierten Eisenbahnobligationen; 2) Rußland verpflichtet 
sich, alle ausgelegten Gelder längstens ein Jahr nach der Unterzeichnung des Friedensver 
trags mit Einschluß aller aufgelaufenen Zinsen und Kosten zurückzuerstatten; 3) die in 
Odessa lagernden Getreidevorräte dienen als besondere Bürgschaft für die englisch-fran 
zösischen Vorschüsse und können von den Pariser und Londoner Geldgebern als Konnosse 
mente verwertet werden; 4) unter den gleichen Bedingungen werden Frankreich und Eng 
land der russischen Regierung auch den auf die letztere entfallenden Anteil an der finanziel 
len Unterstützung Belgiens, Serbiens und Montenegros sowie etwaiger anderer Länder 
vorschießen, die im Verlaufe des Weltkrieges an die Seite des Dreiverbands treten sollten. 
„So ist," schreibt Otto Hoetsch in der „Neuen Freien Presse", „Bark heimgekehrt, ohne 
zu wissen, was weiter werden wird. Militärisch helfen ihm seine Verbündeten überhaupt 
nicht. Da muß Rußland die volle Last des Kampfes mit Deutschland und Oesterreich- 
Ungarn tragen. Nun versagen sie auch finanziell, und gewiß unvoreingenommene Be 
richte, wie wir sie in englischen Blättern gefunden haben, stimmen darin überein, daß 
die Stimmung in Rußland, namentlich unter diesen Gesichtspunkten, nicht übermäßig 
zuversichtlich sei. Die Halbheit, mit der der englische Finanzminister dem russischen Ver 
bündeten entgegenkommen will, kann Rußland nicht genug sein und wirkt gegen diesen 
Verbündeten verstimmend/ der sich auch bei den zustandegekommenen relativ kleinen 
Operationen so sehr gesichert hat, daß er dabei auf seine Kosten kommt." 
Die Möglichkeit, die Erfordernisse des Staatshaushalts und des Kriegs durch Export 
in das Ausland und Hereinziehung von Gold nach Rußland auch nur einigermaßen aus 
zugleichen, sind völlig entschwunden. „Daran wird auch," schreibt Otto Hoetsch an 
gleicher Stelle, „die Fertigstellung der Bahn nach Karungi nichts ändern. Die schwedische 
Regierung hat bisher den Anschluß an ihr Bahnnetz abgeschlagen, der Verkehr muß auf 
Schlitten erfolgen. Auf diesem Wege kann man nicht Massengüter in dem Umfange 
exportieren, den Rußland braucht. Gerade darin ist aber die Abneigung seiner Verbün 
deten begründet, ihre Finanzen mit den russischen, so wie Bark das möchte, zu verquicken. 
Namentlich England wünscht ein Unterpfand, eine Garantie, wie man sie eben einem 
Schuldner gegenüber braucht, dessen Zahlungsfähigkeit zu mißtrauen man allen Grund 
hat. Denn obwohl es Lloyd George im Parlament ausgesprochen hat, glaubt doch in Eng 
land im Ernst wohl niemand, daß die Oeffnung der Dardanellen bald erfolgen und 
dadurch der russische Weizenexport aus Odessa nach England ermöglicht werde." 
Um das sinkende Schiff der russischen Währung einigermaßen über Wasser zu halten, 
hat die russische Reichsfinanzkommission, nach der „Vofsischen Zeitung", Mitte Februar 
1915 unter dem Vorsitz des Grafen Witte die Einholung des in den Händen der kleinen 
Sparer befindlichen Goldes beschlossen, das auf 460 Millionen Rubel geschätzt wird.
	        
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