Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

238 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpfen 
Aus den Geschäftssitzungen 
21. Dezember 1914. 
Die Kammer genehmigte nach kurzer Debatte den Wortlaut der Antwortadresse 
zur Thronrede, sowie den Wortlaut eines Telegramms, das an die türkischen 
Streitkräfte durch Vermittlung des Vizegeneralissimus Enver-Pascha gerichtet 
wurde. In diesem Telegramm heißt es: „Der seit Jahrhunderten von Alt und Jung, 
von Toten und Lebenden erwartete Tag der Rache ist gekommen. Ihr Befinbet Euch im 
Kriege mit den Moskowitern, den größten Feinden des Osmanentums und des Islams 
und ihren Verbündeten, den Engländern und Franzosen. Zerschmettert sie, rächt die 
Heimstätten, in die sie bisher eingedrungen sind, und die Wunden, die sie schlugen! Ver 
gesset nicht, daß es jenseits der Grenze Brüder zu retten und Rechte wiederzuerlangen 
gilt! Die ganze osmanische Nation und der gesamte Islam richten ihre Blicke auf Euch, 
tapfere Armee und Flotte, und erwarten von Euch Heil und Gedeihen!" 
Schon früher hatte der Präsident unter lebhaftem Beisall die mit dem deutschen 
Reichstag und dem un g ar i s ch en Ab geordn etenh a u se ausgetauschten Tele 
gramme mitgeteilt (vgl. Bd. III, S. 13 und 48), worauf die Kammer beschloß, den 
beiden Volksvertretungen von neuem Dank und beste Wünsche telegraphisch auszusprechen. 
4. Januar 1915. 
Die Kammer hat einen Gesetzentwurf angenommen, durch den das Moratorium 
bis zum 13. April 1915 verlängert wird. Die Schuldner müssen indessen 5 Prozent ihrer 
Schuld gleich bezahlen, weitere 6 Prozent am 14. Februar 1915. Diejenigen Banken, 
die Aktiengesellschaften sind, müssen ihren Gläubigern, gleichgültig, welche Summe sie 
diesen bereits bezahlt haben, sofort zehn Pfund auszahlen, weitere zehn Pfund am 
14. Februar. Mieter müssen die Hälfte ihrer Miete bezahlen. 
12. Januar. 
Nach dem Voranschlag der Regierung für das nächste, mit dem 14. Januar 1915 
beginnende Rechnungsjahr sind die Einnahmen aus 26836438 Pfund, die Ausgaben auf 
35 580 609 Pfund berechnet, so daß sich ein Fehlbetrag von 8 744171 Pfund ergibt. Die 
Heeresausgaben belaufen sich auf 6 044108, die Marineausgaben auf 1592 245 Pfund. 
In der beigelegten Begründung wird auf die Aufhebung der Kapitulationen hingewiesen, 
durch die die Möglichkeit geschaffen ist, ernste finanzielle Reformen durchzuführen. So 
sollen der Regierung durch Erhöhung des Zollsatzes auf 15 Prozent, durch Ausdehnung 
der Gewerbesteuer auf die fremden Staatsangehörigen und durch Aufhebung der fremden 
Postämter bedeutende Einkünfte verschafft werden. In dem Finanzgesetz wird die Re 
gierung ermächtigt, alle Arten von finanziellen Operationen vorzunehmen, die zur 
Deckung des Fehlbetrages notwendig sind. Ferner soll sie zur Ausgabe von Obligationen 
und zur Einlösung von Requisitionsscheinen sowie anderen Schulden berechtigt sein, 
ferner dazu, durch provisorische Gesetze Verbrauchsabgaben für Zigarettenpapier, Zünd 
hölzchen, Spielkarten, Zucker, Petroleum, Tee und Kaffee einführen zu dürfen. Die 
Kammer genehmigte das Budget fast ohne Debatte. 
19. Januar 1915. 
Die Kammer begann in Gegenwart sämtlicher Mitglieder des Kabinetts die Debatte 
über die Abänderung der Artikel 7, 43, 44 und 102 der Verfassung. Die von 
der Regierung vorgeschlagene Abänderung verfolgt den Zweck, die Vorrechte der Krone 
zu verstärken und das durch die Verfassungsrevision vom Jahre 1909, welche der 
Legislative zu ausgedehnte Rechte verliehen hatte, gestörte Gleichgewicht zwischen der 
vollziehenden und der gesetzgebenden Gewalt wieder herzustellen. Der Regierungsent 
wurf bezweckt, die Dauer der Tagung von sechs auf vier Monate herabzusetzen und das 
Recht der Krone betreffend die Verschiebung, Einberufung, Vertagung und Verlängerung
	        
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