Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

200 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpfen 
England machte der Kaiserlichen Regierung einen Vorwurf daraus, daß sie zwei 
Kriegsschiffe von Deutschland gelaust habe, ohne jedoch ein Wort von den 
Gründen verlauten zu lassen, die sie zu diesem Kauf bestimmt haben. Tatsächlich hat 
England lang vor Erklärung des Kriegszustandes unsere beiden, auf seinen Werften er 
bauten Panzerschiffe beschlagnahmt, eines davon, den „Sultan Osman", eine halbe Stunde 
bevor die ottomanische Flagge auf ihm gehißt werden sollte, und zwar, ohne uns den ge 
zahlten Preis wieder zu erstatten. Die Kaiserliche Regierung, so grausam ihrer beiden 
für das Bestehen der Türkei notwendigen Kriegsschiffe beraubt, hat sich natürlich beeilt, 
sie durch die beiden Kriegsschiffe zu ersetzen, die Deutschland so freundschaftlich anbot. 
England beklagt sich über die Schließung der Dardanellen. Folgendes sind 
die Gründe der Schließung: Trotz der Neutralität der Kaiserlichen Regierung hat England 
sich unter dem Vorwände, daß eine Anzahl deutscher Offiziere im Dienste der Türkei an 
wesend ist, herausgenommen, amtlich zu erklären, daß die ottomanischen Kriegsschiffe wie 
feindliche Kriegsschiffe betrachtet und von der am Eingänge der Meerengen liegenden 
englischen Flotte angegriffen werden würden. Gegenüber einer derartigen feindseligen 
Erklärung war die Kaiserliche Regierung gezwungen, die Dardanellen zu schließen. Es 
versteht sich von selbst, daß die Anstellung deutscher Offiziere im ottomanischen Dienst eine 
rein innere Angelegenheit ist und von einer fremden Macht nicht beanstandet werden darf. 
Was die Versicherungen anbetrifft, die England uns hinsichtlich derUnverletzlich- 
keit des Reichsgebietes gegeben zu haben erklärt, so kennen wir nur zu gut den 
wirklichen Wert solcher Versicherungen. Denn hat nicht in Wirklichkeit England den 
ersten Angriff auf diese so feierlich durch den Berliner Vertrag verkündete Unverletzlichkeit 
des türkischen Gebietes gemacht, indem es Aegypten besetzte? 
England hat auf die Bitte, dem Ottomanischen Reiche im Balkankriege zu Hilfe zn 
kommen, im Gegenteil alles getan, um dessen Verfall herbeizuführen. Es hat den Bal 
kanbund gegen die Türkei durch die Bemühungen der Buxtons und anderer Feinde 
des Islams vorbereitet und zu Ende des Krieges seine ganze diplomatische Tätigkeit 
darauf gerichtet, die Abtretung aller ottomanischen Gebiete in Europa an die Balkan- 
staaten zu sichern. Und doch war es gerade England, das vor Eröffnung der Feindselig 
keiten mit besonderem Eifer erklärt hatte, daß die damalige Gebietsverteilung geachtet 
werden solle, welches auch der Ausgang des Krieges sein möge. Die Tatsachen haben 
gezeigt, daß die einzige Absicht dieser Erklärung war, die Türkei der Früchte ihrer 
Eroberungen im Falle eines Sieges zu berauben. Tatsächlich hat sich Mister Asquith, 
der englische Premierminister, gelegentlich der Wiederbesetzung von Adrianopel durch die 
Kaiserlichen Truppen nicht gescheut, die Türkei mit dem Blitzstrahl Europas zu bedrohen, 
falls die Heere des Kalifen diese Stadt nicht räumten. 
Die Quertreibereien Englands haben sich nicht auf Europa beschränkt; wir 
haben es planmäßig an der Ausführung eines Planes seiner Staatsmänner arbeiten 
sehen, der darin besteht, die ottomanische Souveränität im persischen Golf zu beschränken 
und sich in diesem Reichsteile eine Eintrittspforte nach Arabien zu öffnen, nach dem Eng 
land seit langem begierig ist. Es hat nichts unterlassen, was die Araberscheichs jener 
Gegenden für seine Sache hätte gewinnen können, aber Gott sei Dank sind alle seine Ver 
suche gescheitert, und alle diese Stammeshäupter erheben sich heute wie ein Mann, um 
die Interessen des Islams unter dem Banner ihres Sultans und Kalifen zu verteidigen. 
Fest beharrend bei seiner feindlichen Politik, hat England auch alle Versuche der 
Kaiserlichen Regierung, gewisse Reformen durchzuführen, durchkreuzt. In Ueber 
einstimmung mit Rußland hat es all seinen Einfluß bei den europäischen Mächten dafür 
eingesetzt, daß sie keinem Fachmann ihrer Länder erlauben möchten, in ottomanische 
Dienste zu treten, um an dem Werke der Neugestaltung mitzuarbeiten. Nur Seine
	        
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