Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Persien und Afghanistan bis zur Verkündigung des Heiligen Krieges 185 
Organ des persischen Kriegsministeriums „Tomadun" verlangt die sofortige Ausweisung 
aller Russen und Engländer. Die Waren russischer und englischer Marke werden boykottiert. 
Der Schah von Persien hat durch Vermittlung des seit voriger Woche in Konstantinopel 
weilenden früheren persischen Justizministers, Prinzen Mirza Riza Khan, um die 
Entsendung türkischer Jnstruktionsoffiziere gebeten. Dem Wunsche wurde 
von der Pforte durch vorläufige Entsendung von sieben Offizieren nach Teheran entsprochen. 
Prinz Mirza Riza erklärte nach der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" bei einer 
Besprechung: Das persische Budget sei in Ordnung; die Staatsschuld belaufe sich auf 
sechs Millionen Pfund, was für ein so großes Land eine unbedeutende Summe sei. Für 
Reformen und die Schaffung einer persischen Armee sei vor allem Geld notwendig. Man 
plane daher den Abschluß einer Anleihe, die auch dazu dienen solle, die alten Staats 
schulden zu bezahlen. Die Regierung werde Steuern einführen, wie diejenigen in den euro 
päischen Ländern, denn gegenwärtig gebe es mit Ausnahme der Zölle keine Abgaben in 
Persien. Das Land werde dann über bedeutende Reserven für den Fall des Bedarfes ver 
fügen. Der Schah bemühe sich ständig, die türkisch-persischen Beziehungen enger zu gestalten. 
25. Oktober 1914. 
Zwischen der T ü r k e i und Persien soll, wie in Konstantinopel versichert wird, ein 
Bündnisvertrag abgeschlossen sein. 
26. Oktober. 
In der ganzen Provinz C h o r a s a n herrscht infolge von Grausamkeiten, die von rus 
sischen Kosaken in verschiedenen Ortschaften und namentlich im Gebiet der heiligen Stadt 
M e s ch e d begangen worden sind, große Erregung. Ein in Teheran abgehaltener außer 
ordentlicher Ministerrat beschloß, in Petersburg Vorstellungen zu erheben und in Mesched 
eine Untersuchungskommission einzusetzen, zu der der russische Konsul beigezogen werden soll. 
3. November. 
Die persische Regierung erklärt ihre Neutralität und läßt durch den per 
sischen Gesandten der russischen Regierung die Forderung aus sofortigeAbberufung 
der russischen Truppen aus den persischen Gebieten nochmals überreichen. 
6. November. 
Rußland fordert von Persien die s o f o r t i g e E n t l a s s u n g der in persischem Dienst 
stehenden türkischen Jnstruktionsoffiziere. 
Der österreichisch-ungarische Generalkonsul in Teheran und der türkisch e 
Vertreter in Täbris sind von den Russen gefangen genommen und nach Tiflis 
abgeführt worden. Die persische Regierung und die amerikanische Gesandtschaft in Teheran 
legten bei der russischen Gesandtschaft gegen dieses völkerrechtswidrige Vorgehen Ver 
wahrung ein. Auch in Petersburg wurde von der persischen Regierung Einsprache erhoben. 
12. November. 
Die deutsche Kolonie von Täbris, die sich auf dem Wege nach Teheran be 
fand, wurde von russischen Truppen mit Frauen und Kindern in russische Gefan 
genschaft geschleppt. Versuche von deutscher Seite, die persische Regierung zur Be 
freiung der Gefangenen zu veranlassen, wurden durch die Furcht der Perser vor den Russen 
vereitelt. Bei der persischen Regierung und dem amerikanischen Gesandten in Teheran 
wurde energischer Einspruch gegen diesen erneuten Bruch des Völkerrechts eingelegt. 
Der deutsche Konsul konnte mit seinem Archiv noch rechtzeitig gerettet werden. 
Mitte November 1914. 
Nach italienischen Meldungen bewilligte Persien infolge der Weigerung Rußlands, die 
russischen Truppen aus Persien zurückzuziehen, offiziell den Durchzug der tür 
kischen Truppen durch persisches Gebiet sowie die Bildung persischer Frei 
willigenkorps zur Verteidigung des Kalifats.
	        
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