Volltext: Kommentar zu den deutschen Dokumenten zum Kriegsausbruch (5 / 1920)

aber jene an der deutschen Front (Weißbuch Nr. 242). Diese 
Angaben waren jedoch unzutreffend. Am 26. Juli hatte die 
Mobilmachung in Südrußland zweifellos bereits begonnen. Sogar 
der Befehl, der die Festung Kowno in Kriegszustand versetzte, 
datiert vom 26. Juli, d. h. zwei Tage vor der österreichisch-unga¬ 
rischen Kriegserklärung an Serbien, ein Beweis dafür, daß sich 
Rußland in der Erweiterung seiner militärischen Maßnahmen 
durch die Entwickelung der diplomatischen Verhandlungen in 
keiner Weise mehr stören ließ, und daß diese diplomatischen Ver¬ 
handlungen selbst russischerseits vornehmlich dem Zwecke dienten, 
für die in rascherem Fortgange befindliche Mobilmachung Zeit 
zu gewinnen. 
Allein die französische Regierung hat es abgelehnt, in Peters¬ 
burg zu Besonnenheit zu mahnen. Sie gab auch der russischen 
Regierung bekannt, daß sie dieselbe nicht zurückzuhalten beab¬ 
sichtige (Orangebuch Nr. 28, Blaubuch Nr. 53, Schlußabsatz). 
Diese Stellungnahme muß auf die Petersburger Entschließungen 
ebenso verhängnisvoll gewirkt haben, wie die Zurückbehaltung der 
englischen Flottenreserven, auf die Benckendorff durch Grey 
am 27. Juli ausdrücklich hingewiesen wurde (Blaubuch Nr 47). 
2. Die russische Teilmobilmachung 
Die am 25. Juli beschlossene Teilmobilmachung gegen Öster¬ 
reich-Ungarn wurde am 28. Juli bekanntgegeben (Blaubuch 
Nr. 70, I). 
Obwohl Österreich-Ungarn nur 8 Korps, und diese aus¬ 
schließlich gegen Serbien mobilisiert hatte, von einer militärischen 
Bedrohung Rußlands also keine Rede sein konnte, mobilisierte 
Rußland 13 Armeekorps allein gegen Österreich-Ungarn. Als 
Grund hierfür wurde die österreichische Kriegserklärung an 
Serbien angegeben (Blaubuch Nr. 70, I). Nachträglich wurden 
auch die österreichisch-ungarischen Rüstungen und die angebliche 
„Weigerung des Grafen Berchtold, die Unterhandlungen zwischen 
Wien und Petersburg fortzusetzen“, zur Begründung angeführt 
(Weißbuch Nr. 343, 385, Gelbbuch Nr. 95, 101, Orangebuch 
Nr. 58, 77). 
Bereits die ersten Nachrichten von militärischen Maßnahmen 
Rußlands haben in Berlin am 26. Juli eine gewisse Beunruhigung 
hervorgerufen. Diese äußerte sich einmal in den bereits erwähnten 
Mahnungen zur Besonnenheit, die nach Petersburg, London und 
Paris gerichtet wurden (Weißbuch Nr. 198, 199, 200, 219). Dann 
aber auch in dem Telegramm Jagows nach Bukarest mit der
	        
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