Volltext: Kommentar zu den deutschen Dokumenten zum Kriegsausbruch (5 / 1920)

Trotzdem sie sich grundsätzlich auf den Standpunkt der 
Nichteinmischung gestellt hatte, erklärte sich die deutsche Re¬ 
gierung am 25. Juli bereit, den russischen Wunsch nach Frist¬ 
verlängerung nach Wien weiterzugeben, ebenso wie sie dies mit 
einem analogen englischen Vorschlag (Blaubuch Nr. 11, Wei߬ 
buch Nr. 157) bereits getan hatte (Orangebuch Nr. 14). Die Mit¬ 
teilung unterblieb jedoch, anscheinend, weil inzwischen die Meldung 
einging, daß die österreichisch-ungarische Regierung diese russische 
Forderung abgelehnt habe (Weißbuch Nr. 178). Die englische, 
französische und italienische Regierung sandten ihren Botschaftern 
in Wien entsprechende Instruktionen (Blaubuch Nr. 26, Gelbbuch 
Nr. 39 und 44). Diese Weisungen gelangten jedoch nicht zur 
Ausführung (Blaubuch Nr. 40, Gelbbuch Nr. 48). 
Das Wiener Kabinett lehnte das russische Ersuchen am 
25. Juli ab (Rotbuch 1919, II, Nr. 27, 29, 30, Orangebuch Nr. 11, 
12), da „die von Rußland verlangte Verlängerung der Serbien zur 
Antwort auf die österreichisch-ungarischen Forderungen gestellten 
Frist der Belgrader Regierung die Möglichkeit zu neuen Winkel¬ 
zügen und zur Verschleppung geboten und der Einmischung 
einzelner Mächte zu ihrem Gunsten Tür und Tor geöffnet hätte“. 
(Rotbuch 1914, Einleitung.) Gleichzeitig wurde jedoch dem 
russischen Geschäftsträger eröffnet, daß Serbien auch nach Ab¬ 
bruch der diplomatischen Beziehungen durch uneingeschränkte 
Annahme der österreichisch-ungarischen Forderungen eine fried¬ 
liche Lösung herbeiführen könne (Rotbuch 1919, II, Nr. 27). 
C. Die Gefahren der russischen Haltung 
Angesichts der militärischen Maßnahmen Rußlands wies die 
deutsche Regierung die Kabinette in London, Paris und Peters¬ 
burg auf die Erklärung der österreichisch-ungarischen Regierung 
hin, daß sie keinen territorialen Gewinn in Serbien beabsichtige, 
den Bestand des Königreichs nicht antasten, sondern nur Ruhe 
schaffen wolle. Die englische und die französische Regierung 
wurden an die Gefahren erinnert, die eine russische Mobilmachung 
für den Frieden Europas bedeutete, und gebeten, in Petersburg 
einen mäßigenden und beruhigenden Einfluß auszuüben. Ru߬ 
land gegenüber erklärte sich die deutsche Regierung bereit, den 
russischen Wunsch, daß der Bestand des serbischen Königreichs 
nicht angetastet werde, zu unterstützen, und betonte zugleich, 
daß eine Mobilisierung der russischen Armee unausbleiblich einen 
europäischen Krieg zur Folge haben müsse (Weißbuch Nr. 198, 
199, 200, 219).
	        
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