Volltext: Kommentar zu den deutschen Dokumenten zum Kriegsausbruch (5 / 1920)

C. Aufnahme in England 
Der deutsche Lokalisierungsvorschlag entsprach insofern der 
damaligen Auffassung der englischen Regierung, als diese wieder¬ 
holt erklärte, sich in den österreichisch-serbischen Streit nicht 
einmischen und nur im Falle eines österreichisch-russischen Kon¬ 
fliktes eingreifen zu wollen. Am 24. Juli sagte Grey dem deutschen 
Botschafter: „wenn das österreichische Ultimatum an Serbien 
nicht zu Schwierigkeiten zwischen Österreich und Rußland führe, 
hätte er nichts damit zu tun“. (Blaubuch Nr. 11, Weißbuch 
Nr. 157.) Ebenso sagte er am 25. Juli, daß er „kein Recht habe, 
sich zwischen Österreich und Serbien einzumischen“ (Blaubuch 
Nr. 25), da dieser Streit „ihn nichts angehe“ (Weißbuch Nr. 180). 
Die englische Regierung ist jedoch nicht bei dieser Auffassung 
verblieben. Sie hat sie aus bisher unbekannten Gründen am 
26. Juli aufgegeben. Aus dem englischen Blaubuch (Nr. 10) geht 
aber hervor, daß der französische Botschafter bereits am 24. Juli 
versuchte, Grey zu einer Intervention in Wien zu bewegen. 
D. Aufnahme in Rußland 
Die russische Regierung stellte sich von vornherein auf einen 
dem deutschen entgegengesetzten Standpunkt. Sie hat, offenbar 
in dem fünfstündigen Ministerrat vom 24. Juli nachmittags, also 
noch vor der Mitteilung des deutschen Lokalisierungsvorschlages, 
die Einmischung in den austro-serbischen Konflikt beschlossen. 
Ein amtliches Communique vom 24. Juli abends besagte, „die 
Regierung verfolge aufs aufmerksamste den Verlauf des öster¬ 
reichisch-serbischen Konfliktes, dem Rußland nicht gleichgültig 
gegenüberstehen könne“. (Rotbuch 1914, Nr. 15, Orangebuch 
Nr. 10.) Die russische Einmischungspolitik sollte durch mili¬ 
tärischen Druck unterstützt werden. In dem vorerwähnten 
Ministerrat hat „der Kriegsminister (Suchomlinow) sehr energisch 
gesprochen und bestätigt, daß Rußland zum Kriege bereit sei, 
und die übrigen Minister haben sich voll angeschlossen; es wurde 
in entsprechendem Geist ein Bericht an den Zaren fertiggestellt, 
und dieser Bericht wurde an demselben Abend bestätigt“. (Schrei¬ 
ben des Adjutanten eines Großfürsten vom 25. Juli 1914, Akten¬ 
stücke zum Kriegsausbruch, 1915, S. 57. Vgl. auch Weißbuch 
Nr. 205.) 
Bereits am 25. Juli wurden umfassende militärische Ma߬ 
nahmen gegen Österreich-Ungarn angeordnet (Telegramm des 
Zaren an den Kaiser vom 30. Juli, Weißbuch Nr. 390). Diese 
Haltung entsprach, wie das Gelbbuch (Nr. 22) zeigt, der bereits
	        
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