Volltext: Kommentar zu den deutschen Dokumenten zum Kriegsausbruch (5 / 1920)

Vorbemerkung 
Die Erörterung der Schuld am Ausbruch des Krieges ist durch 
die Veröffentlichung des deutschen und österreichisch-ungarischen 
Aktenmaterials in ein neues Stadium getreten. Urkunden allein 
vermögen zwar kein vollständiges Bild der Geschehnisse zu geben 
und die treibenden Kräfte und Motive der Staatsmänner nur zum 
Teil zu enthüllen. Immerhin kann man aber auf Grund einer 
vollständigen Aktenkenntnis der Wahrheit ein gutes Stück näher¬ 
kommen. 
Andererseits wirkt die Fülle des Materials verwirrend. Heute 
liegen der Öffentlichkeit über 900 deutsche Urkunden aus der 
Zeit der Krisis von 1914 vor; ferner 350 österreichisch-ungarische. 
Diesen stehen 400 Dokumente der Ententemächte gegenüber. 
Von vielen der letzteren ist bekannt, daß sie verfälscht sind. 
Keins der früheren Farbbücher gab ein wahrheitsgetreues Bild 
der Begebenheiten des Juli 1914. Sie sind alle mit einer be¬ 
stimmten mehr oder weniger offenbaren Tendenz zusammen¬ 
gestellt, um die Haltung der eigenen Regierung zu rechtfertigen 
und den Gegner zu belasten. Gegenüber den Schönfärbereien 
der Buntbücher müssen natürlich die vollständigen Berliner 
und Wiener Aktensammlungen sehr ungünstig wirken, da sie 
einen unverhüllten Einblick in die Werkstätten der „Staatskunst“ 
gewähren, in denen wir reichlich viel Schmutz und Unrat erblicken. 
Die Leser der deutschen Aktenveröffentlichungen können sich 
aber überzeugen, daß es in Paris, Petersburg und London nicht 
reinlicher zugegangen ist, als in Berlin, und daß vielleicht die 
dort geübten Methodon die der deutschen Staatsmänner an Frag¬ 
würdigkeit um vieles übertrafen. Das, was wir gesehen haben, 
als Pokrowski*) ein wenig den Vorhang lüftete, berechtigt zu 
diesem Schluß. 
*) Veröffentlichungen in der Prawda vom 23. 2., 6. und 9. 3. 1919. Siehe 
deutsche Denkschrift über die Schuldfrage, Versailles, den 27. Mai 1919,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.