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II. Teil
Rueland Frueauf d. I.
Bürger und Maler zu Passau
i.
In der Werkstätte des Vaters.
So umstritten fast alle Fragen, welche mit der Er
fassung der künstlerischen Persönlichkeit des jüngeren
Frueauf zusammenhängen, lange Zeit gewesen sind
und zum guten Teil auch hellte noch sind, in einem
war sich die Kunstforschung seit langem einig, daß
sogar noch in den an der Jahrhundertwende am
Himmel deutscher Malerei wie ein Meteor auftau
chenden und wieder verschwindenden 12 Klosterneu
burger Täfelchen (Bilder 16—19) des jungen
Frueauf, die in ihrem künstlerischen Gesamtein
druck sich ja bereits weit vom Werke des alten
Frueauf trennen, in der „ganzen Anlage der
Bilder, in manchen Motiven ebenso wie in Einzel
heiten der Formbildung, der Linienführung und der
Farbengebung so frappante Übereinstimmungen
mit den Werken des Vaters"^) sich zeigen, daß nicht
zu zweifeln ist, daß „jung Rueland", wie ihn die
Urkunden nennen,seineLehrzeitin derWerk-
stätte des Vaters verbrachte.
Freilich schon mit der zeitlichen Bestimmung der
Lehrjahre sind wir wieder auf das Gebiet der Ver-
9 Vgl. Otto Fischer „Die altdeutsche Malerei in Salzburg".
Leipzig 1408, Kunstgeschichtliche Monographien XII, S. 118,
2 ) Wolfgang M. Schund „Beiträge zur Passauer Kunst
geschichte" in „Beitrage zur Geschichte der deutschen Kunst
l. Band", Augsburg 1Y24- S. 88 ff.
mutungen verwiesen. Es scheint aber auch im Zu
sammenhang mit den späteren Resultaten unserer
stilkritischen Untersuchungen doch notwendig zu sein,
die Lebensdaten der beiden Frueauf gegenüber den
derzeitigen Annahmen etwas früher anzusetzen. Wenn
W. M. Schmid mit seiner sehr begründeten Ver
mutung Recht hat, daß der „alt Rueland" 1503
„aus Ursach der Gerhabschaft Zyglhaimerö unvogt
bares Kind" wahrscheinlich hohen Alters wegen
„absolviert" und ein „anderer Vormund eingesetzt"
wurde, so müßten wir wohl ein 70 Jahre über
steigendes Alter annehmen, also seine Geburt etwa
in die Zeit um 1430 setzen. Wenn er 4 Jahre
darauf, im Jahre 1507, bereits stirbt, würde diese
Tatsache ebenso unsere Annahme stützen wie die
Erwägung, daß Frueauf d. A. seit 1470 — 1480
fortlaufend in den Rechnungsbüchern von St. Peter
in Salzburg als Meister genannt ist, also wohl
schon geraume Jahre vorher, wie es die Zunftge-
setze vom selbständigen Meister forderten, „gemutet"
d. h. zugewartet, dann daö Bürgerrecht erworben
und wohl außerdem die Bedingung erfüllt hatte,
daß „er sitze eelichen mit eigen rauch", d. h. also
verheiratet sei, Umstände, die ebenfalls sein Geburts
jahr um 1430 wahrscheinlicher erscheinen lassen als
die bisherige Annahme „um 1440". Damit rückt aber
auch daö Geburtsjahr des Sohnes näher an 1460
als 1470, was auch damit wahrscheinlich wird,