Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und seine Stellung zu den Wiedertäufern

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in Prag vom 9. Februar 1530, „class nicht wiedertäuferische 
Sachen zur Berathung kommen. Viele sind zum Tode verurtheilt 
oder des Landes verwiesen worden, ebensoviele haben ihre Güter 
verlassen und ihre Kinder zu Waisen gemacht. 
Wir können Euer Majestät nicht verhehlen, dass Verstopfung 
und Unsinnigkeit bei den Leuten gemeiniglich gefunden wird, 
dass sie an den grausamsten Strafen nicht allein kein Entsetzen 
nehmen, sondern, dass sie selbst zu den Gefangenen gehen, sich 
für ihre Brüder und Schwestern anzeigen, sich oifen der Obrig¬ 
keit bekennen, aber keine Unterweisung hören, sich nicht bekehren 
lassen wollen, sondern bald zu sterben begehren" — konnte die 
Wiedertäuferbewegung nicht unterdrückt werden ; es muss dem¬ 
nach doch wohl angenommen werden, dass die Lehre dieser 
Secte Elemente enthielt, welche geeignet waren, auf das Volk 
eine starke, ja unwiderstehliche Anziehungskraft anszuüben. 
Um aber diese Elemente zu erkennen und darzustellen, 
müssen wir auf die geschichtliche Entwicklung der religiösen 
Bewegung des 16. Jahrhunderts überhaupt zurückgehen. 
I. 
Die Religion, die geglaubt wird, hatte von jeher ein anderes 
Ansehen, als die, welche gelehrt wird, die Eeligion des Volkes 
erschien stets verschieden von der der Theologen, die erstere 
naiv, von individuellem Gepräge, ihre Ursprünglichkeit aus dem 
Herzen nicht verleugnend, in ihren Begriffen verschwommen und 
undefinierbar, die anderen abgegrenzt, paragraphiert, in das Ge¬ 
wand der Schulphilosophie sich kleidend. Dadurch ist allen 
Religionen ein gewisser innerer Gegensatz von selbst gegeben, 
der Grund zur Sectenbildung in sie gelegt. 
Auch der christlichen Religion ist bekanntlich dieser Kampf 
nicht ausgeblieben. Es wäre Irrthum, denselben, abgesehen von 
den Wirrnissen, welche die Geburt des Christenthums und die 
ersten Jahrhunderte seines Bestandes begleitet haben, erst mit 
der Reformation beginnen zu lassen.
	        
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