Volltext: Das Antlitz von Verdun

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Die Landschaft von Verdun 
Gft schon ist versucht worden, dieses Schlachtfeld zu be¬ 
schreiben, sein ewig stummes Antlitz zu enträtseln, das einer 
ungeheuerlichen Maske glich, deren Züge bis dahin niemals 
auf der Welt gesehen worden waren. 
Aber das äußere Bild allein gab ihm nicht den Ausdruck 
eines mittagshellen Grauens, wenn Sonnenschein darüber 
flimmerte, oder den eines unirdischen Raumes, wenn 
Nacht darüber lag. Eine fremde, eine seltsam ferne Einsam¬ 
keitsluft stand in klarer Helle oder bei aufkommender Däm¬ 
merung über diesen Hügeln und steilrandigen Tälern, eine 
Luft, die zum Atmen zu dünn schien. Es ist schwer, zu atmen, 
wenn man weiß, daß unsichtbar der Tod nebenher geht. Der 
Soldat wußte es nicht anders auszudrücken, als daß er 
sagte, Verdun sei die Hölle. 
Die Landschaft glich einer wüste. Die Natur läßt eine 
Wüste entstehen, indem sie langsam ihre Lebewesen dahin¬ 
sterben läßt, weil sie ihnen in irgendeiner Form ihre Vaseins¬ 
bedingungen entzieht. Dann liegt Einsamkeit über dem 
Land, die stumm und erhaben sein kann. Die Wüste von 
Verdun aber war anderes Land. In den Trichterwüsten gab 
es keinen lebenden Baum, sondern nur noch Skelette von 
Bäumen, keinen grünen Halm, sondern nur frisch hoch¬ 
gewühlte Erde. Reinen Sumpf, wie die Natur ihn schafft, 
sondern nur Schlammfelder in wüster Mischung aus Erde 
und Wasser. 
Und über dieses tote Land zog ständig der heiße chualm 
der Einschläge in dickgeballten Wolken, fielen glühende 
Stahlsplitter und Erdbrocken, wehte der grünliche Dunst 
des Gases, brach bei Angriffen das vulkanische Stotzen des 
schwarzen Rauchs von Zlammenwerfern empor. 
Und manchmal wieder war die Landschaft von einer 
drohenden Ruhe,- nicht die Ruhe des Todes, sondern die 
eines abwartenden Ausruhen; vor neuem Rampf für Mensch 
und Erde.
	        
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