Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Anthropologie. 
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1 Ebendas. § 396. S. 87 u. 88. — 2 Ebendas. Zus. S. 92-95. 
successive Reihe verschiedener Zustände bilden, sind die natürlichen Ver 
änderungen des Individuums. Die erste derselben sind die Lebens 
alter, deren Hegel drei unterscheidet: die Jugend, das Mannes- und 
das Greisenalter; die Jugend unterscheidet sich auch in drei Abschnitte: 
die Kindheit, das Knaben- und das Jünglingsalter. Das durchgängige 
Thema der Lebensalter ist das Verhältniß der Individualität zur 
Gattung, das mit der gegensatzlosen Einheit im Kinde beginnt und 
im Greise endet. Die erste Einheit geht dem Gegensatze zwischen In 
dividuum und Gattung, zwischen Ich und Welt voraus, die andere 
solgt ihr nach; jene ist von dem Gegensatze noch nicht, diese nicht 
mehr ergriffen? 
Die Geburt ist die Epoche, „der ungeheure Sprung", womit die 
embryonale, vegetative Entwicklung aufhört und die individuelle Sonder 
existenz beginnt, die ihre künftige Selbständigkeit schreiend verkündet; 
das Kind lebt im Schooß der Familie, in der natürlichen Harmonie, 
im Stande der Unschuld, fortwährend lernend, bloß indem es vorstellt 
und anschaut, seine leibliche Selbständigkeit beginnend, indem es Zähne 
bekommt, gehen, stehen, sprechen lernt; die geistige Selbständigkeit be 
ginnt mit dem Ersassen der Ichheit, kraft deren das Kind sich die 
sinnlichen Dinge unterordnet, spielt und das Spielzeug zerbricht, was 
das Vernünftigste ist, was die Kinder mit ihrem Spielzeug machen 
können? 
Die natürliche Harmonie löst sich auf, das Kind ist nicht bloß 
kindlich, sondern auch kindisch, in seiner Unart, seinem Eigenwillen 
und Eigensinn rührt sich schon der Gegensatz, der zum Durchbruche 
drängt. Der erste Charakter des Gegensatzes und der Spannung 
zwischen dem Individuum und der Gattung, welche die Vernunft und 
die Welt ist, erscheint im Knabenalter, der Knabe wächst nicht bloß, 
wie das Kind, sondern er will wachsen und groß werden, er will 
werden wie die Erwachsenen. Dieses ihr eigenes Bedürfniß, groß zu 
werden, zieht die Knaben groß. „Dies eigene Streben der Kinder 
nach Erziehung ist das immanente Moment aller Erziehung." Ernst 
wie der Wille des Knaben selbst, groß und erzogen zu werden, sei die 
Erziehung: sie sei Zucht und Autorität, Schule und Schulung, ja nicht 
spielende Pädagogik, die in den Knaben „ein beklagenswerthes Sich 
einhausen, ein besonderes Belieben, eine absonderliche Gescheidtheit, ein
	        
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