Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

648 
Die Wissenschaft vom subjectiven Geist. 
* Ebendas. S. 83. 
Das Naturell ist Anlage, eine Bestimmtheit, welche zugleich Be 
stimmung ist, ein angeborener zu erfüllender Bildungszweck, dessen 
Formen oder Stufen das Talent und das Genie sind; das Talent 
wirkt nachbildend, das Genie vorbildend, jenes schafft neue Arten, dieses 
neue Gattungen; beide bedürfen der Zucht und Ausbildung. „Talent 
und Genie müssen aber, da sie zunächst bloße Anlagen sind — wenn 
sie nicht verkommen, sich verlüderlichen oder in schlechte Originalität 
ausarten sollen —, nach allgemeingültigen Weisen ausgebildet werden. 
Nur durch diese Ausbildung bewähren jene Anlagen ihr Vorhandensein, 
ihre Macht und ihren Umfang." 1 
Die Thätigkeit des Individuums, sein Verhalten zu den Objecten, 
hat ihre Art und Weise, ihren Modus, gleichsam ihre Tonart und 
ihr Tempo. Diese individuelle Naturbestimmtheit ist das Temperament, 
das sich in vier Arten unterscheidet, je nachdem das Subject in seinem 
Verhalten zu den Dingen mehr von den Gegenständen oder mehr von 
der eigenen Person bewegt oder gerührt wird, je nachdem dieses Er- 
grisfenwerden mehr leichter, wandelbarer, heftiger oder mehr schwerer, 
nachhaltiger und tiefer Art ist. Das objective, leichte, bewegliche und 
wandelbare Temperament ist sanguinisch, das objective Tempera 
ment schwerer und nachhaltiger Art ist phlegmatisch; das subjective 
Temperament leicht und heftig ergriffener Art ist cholerisch, das 
subjective Temperament schwerer und tief ergriffener Art ist melan 
cholisch. 
Die eigentliche und schärfste Selbstunterscheidung der Individualität 
ist der Wille, die constante Willensrichtung, d. i. der Charakter, 
der seine bestimmten Zwecke hat und verfolgt. Sind diese seine Zwecke 
zugleich die großen Zwecke der Zeit und Menschheit, so erscheinen die 
seltenen, großen Charaktere, „die Leuchtthürme der Welt"; das Fest 
halten an den kleinen eigenen Zwecken macht den Charakter pedantisch, 
eigensinnig und läppisch. Zur Entwicklung und Ausbildung des 
Charakters gehört Erziehung und Welt, der Grundzug ist angeboren 
und gehört zu den natürlichen Qualitäten. 
2. Die Lebensalter und die Geschlechtsdifferenz. 
Diese Qualitäten, die kosmische und tellurische, Race und Nationali 
tät, Geschlecht und Familie, Naturell, Temperament und Charakter, 
sind zugleich vorhanden; die verschiedenen Beschaffenheiten, welche eine
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.