Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

1090 Die Geschichte der griechischen Philosophie. 
Proklus war Ascet, Visionär und Prophet, er hat sich in alle 
Mysterien einweihen lassen, alle Feste gefeiert, alle Culte und Cere 
monien kennen gelernt und sich selbst den Hierophanten der ganzen 
Welt genannt. Da alles höhere Wissen ihm als göttlicher Erleuchtungs 
zustand (Mysterium) galt, so legte er ein sehr großes Gewicht auf 
die orphischen Gedichte und auf die chaldäischen Orakel. Von seinen 
Schriften sind besonders hervorzuheben seine Commentare zu Platos 
Dialogen, namentlich zum sogenannten ersten Alkibiades, zum Par- 
menides und Timüus, seine platonische Theologie und seine theologische 
Elementarlehre (aToixefoot? &eo\oyi%-/j). 
Sein Werk bestand in der philosophischen oder doctrinären Restau 
ration des gesammten religiösen Heidenthums, nachdem dasselbe in den 
Weltzuständen schon untergegangen und unwiederbringlich verloren 
war. Plotiu erlebte das tausendjährige Jubiläum der Stadt Rom, 
Proklus den Untergang des weströmischen Reichs. Er machte aus den 
heidnischen Volksreligionen, soweit sein Horizont reichte, ein Ganzes, 
ein philosophisches System, welches er logisch und methodisch mit großer 
Meisterschaft zu gestalten wußte. Sein Grundthema war die absolute 
Einheit und deren Selbstentwicklung, er faßte diese Entwicklung 
triadisch und zwar so, daß jedes Moment der Trias wiederum eine 
Trias ausmachte. So erscheint das ganze System des Proklus durch 
gängig als eine Trias von Triaden, deren jede wiederum eine Trias 
von Triaden bildet. 
Ein solches System war in der Emanationslehre angelegt, 
welche Plotin begründet, aber bei weitem nicht in der systematischen 
Form und Ordnung durchdacht und ausgeführt hatte, welche erst das 
bewunderungswürdige Werk des Proklus war. Dieser sah, daß in 
jeder Emanation drei Momente enthalten sind, da das Hervorgebrachte 
in dem Hervorbringenden bleibt, aus ihm hervorgeht und heraustritt, 
aber, weil es demselben angehört und verwandt ist, sich zu ihm zurück 
wendet. Diese drei Momente sind die Beharrung, der Hervorgang 
und die Umkehrung iPovrß xpöoSo? und imotpo^). Es ist aber klar, 
daß der Proceß der Emanation in jedem seiner Theile und Theilchen, 
d. h. in jedem Moment eine solche Trias beschreibt, daher sowohl im 
Großen und Ganzen als in jedem Theile und Theilchen eine Trias 
von Triaden bildet. Das erste Moment hat nach Proklus den Charakter 
des Seins, das zweite den des Lebens, das dritte den des Denkens 
oder des Geistes, daher bei ihm im Unterschiede von Plotin die in-
	        
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